Bischof Dr. Walter Mixa: Zum Tod von Papst Johannes Paul II. | |
In Dankbarkeit für das überaus segensreiche Wirken und das beispielhafte Zeugnis unseres Heiligen Vaters Papst Johannes Paul II. vor Gott und den Menschen bitte ich alle mir als Bischof anvertrauten Gläubigen, den Verstorbenen in unser Gebet und die Feier der Heiligen Messe einzuschließen - in Verbundenheit mit der weltweiten katholischen Kirche. Johannes Paul II. hat sein Pontifikat der Aufgabe gewidmet, nach dem Vorbild Mariens und dem Beispiel Johannes des Täufers auf Jesus Christus zu zeigen - auf Jesus Christus, den „Redemptor Hominis“, den Erlöser des Menschen. Gerade darin liegen sein „Erfolg“ und seine unermessliche Beliebtheit ganz besonders auch bei jungen Menschen begründet, wie es vor allem auch die von ihm ins Leben gerufenen Weltjugendtage eindrucksvoll erwiesen haben. Papst Johannes Paul II. verkündete und lebte in überzeugender Weise: Durch Jesus Christus findet der Mensch - der junge wie der alte und gebrechliche - wahres Glück und echte Freiheit. Unvergesslich blieb mir der Satz, mit dem er 1996 seine Ansprache am Brandenburger Tor beendete: „Der Mensch ist zur Freiheit berufen; die Fülle und die Vollkommenheit dieser Freiheit hat einen Namen: Jesus Christus“. Daher wird auch sein Einsatz für den unverfälschten Glauben an die Menschheit und Gottheit Jesu Christi und der daraus erwachsenen ungebrochenen Glaubenstradition der katholischen Kirche verständlich. Ausgehend von der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus, im Blick auf das Kreuz und im Glauben an die Auferstehung hat sich Papst Johannes Paul II. in unvergesslicher Weise für die Personwürde jedes Menschen eingesetzt – gerade auch des Alten, Kranken und Gebrechlichen - und besonders auch für den Schutz des ungeborenen Lebens gekämpft. In seinem persönlichen Auftreten und in vielen Botschaften hat der Heilige Vater deutlich gemacht: Unabhängig von Rasse und Religion ist jeder Mensch mit größtem Respekt zu behandeln. Gerade auch als Militärbischof bin ich dem verstorbenen Heiligen Vater überaus dankbar für die Klarheit seiner Stellungnahme für den Frieden und seine eindeutige Position gegen den Krieg, wie es beim Ausbruch des Irakkrieges besonders deutlich wurde. Mit seinem unermüdlichen Eintreten für den Frieden und die soziale Gerechtigkeit ohne falsche Rücksicht auf die politisch herrschenden Kräfte ist Johannes Paul II. der große Mahner zum Wohl der Menschheit geworden. Sein Zeugnis fordert uns alle heraus, sich als missionarische Menschen zu Jesus Christus zu bekennen. |
In einer Stellungnahme würdigte er das Wirken des Heiligen Vaters:
„Unser Heiliger Vater Papst Johannes Paul II. ist tot. Gott hat ihn zu sich gerufen. Im Evangelium haben wir gelesen: „Und Jesus stand frühmorgens am anderen Ufer.“ Das wünsche ich unserem Heiligen Vater, wenn er an das andere Ufer nach diesem Leben gelangt, dass er Jesus trifft, der auf ihn wartet und dem er als Nachfolger Petri seine Liebe so oft bezeugt hat.
Papst Johanne Paul II. hat über 25 Jahre die Kirche Christi geleitet. Er hat wesentlich am Zusammenbruch des atheistischen Kommunismus uns Staatssozialismus mitge-wirkt. Er hat der Solidarnosc-Bewegung in Polen Mut gemacht. Er hat pastorale Reisen in viele Länder der Welt unternommen und die Schwestern und Brüdern im Glauben gestärkt. Er hat mutige ökumenische Zeichen gesetzt und das Verhältnis der Kirchen zum Judentum auf eine neue und gute Grundlage gestellt. Er hat sich wie kaum ein anderer mutig für den Weltfrieden eingesetzt und Solidarität und Gerechtigkeit gerade für die Armen eingefordert. Manche haben sich an seinen pastoralen Entscheidungen gerieben, aber er hat in Klarheit und Treue die Lehre der Kirche vertreten. Wir hatten einen guten Papst. Gott schenke ihm ewiges, seliges Leben in Christus, unserem auferstandenen Herrn. Ihm nachzufolgen, dazu hat Johannes Paul gerade auch in seinem Leiden und in seiner Krankheit ermutigt. Ich bitte Sie alle um Ihr Gebet für Johannes Paul II.“
Bischof Mussinghoff hält sich zur Zeit mit einer Gruppe von Seminaristen und Prie-steramtsanwärtern in Israel auf. Nach seiner Rückkehr wird im Aachener Dom eine Trauermesse für den verstorbenen Papst gelesen; der genauen Zeitpunkt wird noch bekannt gegeben.
Gerade wir Christen in jenen Ländern, die jahrzehntelang unter kommunistischer Herrschaft gelitten haben, blicken voll Dankbarkeit auf das Pontifikat Johannes Paul II. zurück. Mit seiner klaren Absage an Diktatur und Gewalt hat Johannes Paul II. dazu beigetragen, dass der Eiserne Vorhang fiel und die Völker Europas zu einem Leben in Frieden und Freiheit aufbrechen konnten. Durch seine pastoralen Reisen hat der Papst nicht nur die Gläubigen in aller Welt gestärkt, sondern auch zu Frieden und Versöhnung beigetragen. Erinnert sei besonders an das Gebetstreffen der Religionen in Assisi 1986 oder an seine Versöhnungsgeste im Jahre 2000 an der Klagemauer in Jerusalem.
Nicht müde wurde der Pontifex, wenn es darum ging, seine Stimme gegen Armut, Ungerechtigkeit, Krieg und ungerechte Gewalt zu erheben. In seinen Botschaften stellte er sich immer wieder auf die Seite der Armen und derer, die die Lasten der Konflikte zu tragen hatten.
Papst Johannes Paul II. hat bis zuletzt auch gegen Kritik an seinem Pontifikat festgehalten und damit der Welt ein sichtbares Zeugnis seiner Sendung gegeben. Die Geschichte wird ihn als eine der integrativsten Persönlichkeiten an der Schwelle zum 21. Jahrhundert festhalten.
„Selten hat eine Papstwahl mehr Aufsehen erregt als die Wahl von Karol Wojtyla am 16. Oktober 1978. Zu Recht, wie sich bald zeigen sollte. Von Anfang an tritt Johannes Paul II. als ungewöhnlich kraftvolle, eigenwillige und spannungsreiche Person in Erscheinung. Fest in seiner polnischen Heimat verwurzelt, übt er sein weltkirchliches Amt weltgewandt aus wie kaum einer seiner Vorgänger, der erste Papst des Medienzeitalters, mit einem erstaunlichen Gespür für symbolische Gesten. Bis in den Stil seiner zahlreichen Lehrschreiben hinein öffnet er sich persönlich, sagt „ich“ statt „wir“, verstößt unbekümmert gegen die Regeln kirchendiplomatischer Etikette, sucht stets die Nähe zu den Menschen. Ihm, dem unbeugsamen Gegner des Kommunismus, rufen brasilianische Arbeiter mit erhobener Faust „Genosse“ zu, und noch als Greis begeistert er Millionen von Jugendlichen.
Vielleicht kennzeichnet kein anderes Element den Stil seiner Amtsführung besser als die Vielzahl seiner Reisen. Schon die erste, die ihn nach Santo Domingo und Mexiko führt, signalisiert ein Programm: Es geht dem Papst vor allem darum, das Evangelium zu verkünden und die Menschenrechte zu verteidigen, weltweit und kompromisslos. Beides gehört für ihn untrennbar zur Sendung der Kirche, und bildet zugleich zwei Seiten einer Vision. In der Tat ist dieser Papst in erster Linie ein Visionär. Ihn treibt die Vision einer im Glauben geeinten Kirche und einer in Solidarität und Gerechtigkeit geeinten Menschheit. Deshalb sein beharrliches Eintreten für die Ökumene. Deshalb sein zäher Einsatz für ein neues Europa jenseits der Spaltung durch den Eisernen Vorhang, deshalb schließlich sein unermüdlicher Kampf für eine „Zivilisation der Liebe“ jenseits der Spaltung der Welt durch Armut und Hunger. Diesem Ziel dienen Reise- und Lehrtätigkeit gleichermaßen, dient eine überbordende Fülle von B egegnungen, Gesprächen, Predigten und Lehrschreiben, in denen er wirbt, mahnt, fordert, argumentiert. Er ist zu allen gekommen - ein „global player“, wie unsere Zeit kaum einen zweiten kennt, und ein „global prayer“.
Marianische Frömmigkeit, personbezogenes Denken und unerschütterliche Glaubenstreue prägen Johannes Paul II., gepaart mit Humor, der Fähigkeit zum Zuhören und, im Laufe der Jahre immer stärker hervor tretend, eiserner Willenskraft. Aus alledem entsteht ein Lebenswerk, das auch seinen Kritikern Respekt abnötigt. Er hat Geschichte gemacht, nicht nur Kirchengeschichte. Niemand kann seinen unschätzbaren Beitrag zum Ende des Kommunismus bestreiten, niemand seine mannigfachen grenzüberschreitenden Initiativen, besonders in Bezug auf die nichtchristlichen Religionen. So bei seinem Besuch der Synagoge in Rom, an der Klagemauer in Jerusalem, in der Moschee in Damaskus, durch die Friedensgebete in Assisi. Gegen Widerstände setzt er im Jahr 2000 das große Schuldbekenntnis der Kirche durch, seinen Attentäter besucht er im Gefängnis und verzeiht ihm öffentlich, angesichts der Zunahme kriegerischer Gewalt tritt er fast flehentlich immer wieder für den Frieden ein, nähert sich bis auf Haare sbreite einem strikten Pazifismus. Er passt in keine Schublade, zeigt Ecken und Kanten, manchmal auch Schroffheit, manchmal Verletzbarkeit. Keineswegs alle seine Entscheidungen finden ungeteilte Zustimmung, einige stoßen sogar auf scharfe Kritik und Widerstand. Zu beirren vermögen ihn solche Reaktionen nicht.
In Erinnerung bleiben werden vermutlich am ehesten Bilder aus den letzten Lebensjahren des Papstes, Bilder eines weißhaarigen Greises, der sich, von schwerer Krankheit immer tiefer gebeugt, unbeugsam an seinem Hirtenstab fest hält. Sinnbilder der Entschlossenheit, seinen Weg bis zum Ende zu gehen. Nun durfte er loslassen. Johannes Paul II. ist tot. Ein großer Papst ist gestorben. Der Glaube, in dem und für den er lebte, verbietet es, darin nur einen Anlass zur Trauer zu sehen.“
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