Franziskus von Assisi

Seine Briefe 

Brief an den heiligen Antonius


Dem Bruder Antonius, meinem Bischof 5, wünsche ich, Bruder Franziskus, Heil.
Es gefällt mir, daß du den Brüdern die heilige Theologie vorträgst, wenn du nur nicht durch dieses Studium den Geist des Gebetes und der Hingabe auslöschest, wie es in der Regel 6 steht.

 

Brief an die Kleriker 1

Laßt uns beachten, wir Kleriker alle, die große Sünde und Unwissenheit, die manche an den Tag legen gegenüber dem heiligsten Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus und seinen hochheiligen niedergeschriebenen Namen und Worten, die den Leib [Christi] heilig gegenwärtig setzen. 
Wir wissen, daß der Leib nicht sein kann, wenn er nicht zuvor vom Worte heilig gegenwärtig gesetzt wird. 
Nichts haben und sehen wir nämlich leiblich in dieser Weltzeit von ihm, dem Allerhöchsten selbst, als den Leib und das Blut, die Namen und Worte, durch die wir geschaffen und "vom Tode zum Leben" (1 Job 3,14) erlöst sind.
Alle jene aber, die solche hochheiligen Geheimnisse verwalten, und besonders die, welche sie in unerlaubter Weise verwalten, mögen in ihrem Innern bedenken, wie minderwertig die Kelche, Korporalien und Altartücher sind, auf denen sein Leib und Blut geopfert werden.
Und von vielen wird er an gewöhnlichen Orten hingelegt und liegengelassen, in kläglicher Weise getragen und unwürdig empfangen und unterschiedslos anderen ausgeteilt. 
 Auch seine geschriebenen Namen und Worte werden zuweilen mit den Füßen zertreten; denn "der irdisch gesinnte Mensch erfaßt nicht das, was Gottes ist" (1 Kor 2,14). 
Werden wir nicht über all dies von liebender Hingabe bewegt, da er, der gütige Herr, sich selbst in unseren Händen darbietet und wir ihn berühren und täglich durch unseren Mund empfangen?
Oder wissen wir nicht, daß wir in seine Hände gelangen müssen? 
Daher wollen wir uns in all diesen und in den anderen Dingen schnell und gründlich bessern.
Und wo immer der heiligste Leib unseres Herrn Jesus Christus in nicht statthafter Weise aufbewahrt und liegengelassen ist, soll er von jener Stelle fortgenommen und an einen kostbar ausgestatteten Platz hingelegt und verschlossen werden. 
Ebenso sollen auch die geschriebenen Namen und Worte des Herrn, wo immer sie an unsauberen Stellen gefunden werden, aufgesammelt und an ehrenvoller Stelle hingelegt werden.
Alle KIeriker sind verpflichtet, dies alles bis zum Ende vor allem anderen zu beobachten.
Und die dies nicht tun sollen wissen, daß sie "am Tage des Gerichtes" vor unserem Herrn Jesu Christus "Rechenschaft" ablegen müssen (vgl. Mt 12,36). 
Und die dieses Schreiben abschreiben lassen, damit es besser beobachtet werde, sollen wissen, daß sie von Gott, dem Herrn, gesegnet sind.

Brief an die Kleriker 2

Laßt uns beachten, wir Kleriker alle, die große Sünde und Unwissenheit, die manche an den Tag legen gegenüber dem heiligsten Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus und seinen hochheiligen niedergeschriebenen Namen und Worten, die den Leib [Christi] heilig gegenwärtig setzen. 
Wir wissen, daß der Leib nicht sein kann, wenn er nicht zuvor vom Worte heilig gegenwärtig gesetzt wird. 
Nichts haben und sehen wir nämlich leiblich in dieser Weltzeit von ihm, dem Allerhöchsten selbst, als den Leib und das Blut, die Namen und Worte durch die wir geschaffen und "vom Tode zum Leben" (1 Job 3, 14) erlöst sind. 
Alle jene aber, die solche hochheiligen Dienste verwalten, und besonders die, welche sie unterschiedslos verwalten, mögen in ihrem Innern bedenken, wie minderwertig die Kelche, Korporalien und Altartücher sind, auf denen der Leib und das Blut unseres Herrn geopfert werden.
Und von vielen wird er an gewöhnlichen Orten liegengelassen, in kläglicher Weise getragen und unwürdig empfangen und unterschiedslos anderen ausgeteilt. 
Auch seine geschriebenen Namen und Worte werden zuweilen mit den Füßen zertreten; denn "der irdisch gesinnte Mensch erfaßt nicht das, was Gottes ist" (1 Kor 2,14). 
Werden wir nicht über all dies von liebender Hingabe bewegt, da er, der gütige Herr, sich selbst in unseren Händen darbietet und wir ihn berühren und täglich durch unseren Mund empfangen?
Oder wissen wir nicht, daß wir in seine Hände gelangen müssen? 
Daher wollen wir uns in all diesen und in den anderen Dingen schnell und gründlich bessern. 
Und wo immer der heiligste Leib unseres Herrn Jesus Christus in nicht statthafter Weise aufbewahrt und liegengelassen ist, soll er von jener Stelle fortgenommen und an einen kostbar ausgestatteten Platz hingelegt und verschlossen werden. 
Ebenso sollen auch die geschriebenen Namen und Worte des Herrn, wo immer sie an unsauberen Stellen gefunden werden, aufgesammelt und an ehrenvoller Stelle hingelegt werden.
Und wir wissen, daß wir dies alles vor allem anderen beobachten müssen nach den Geboten des Herrn und den Bestimmungen der heiligen Mutter Kirche 26 .
Und wer dies nicht tut, soll wissen, daß er "am Tage des Gerichtes" vor unserem Herrn Jesus Christus "Rechenschaft" ablegen muß (vgl. Mt 12,36). 
Und die dieses Schreiben abschreiben lassen, damit es besser beobachtet werde, sollen wissen, daß sie von Gott, dem Herrn, gesegnet sind.

 

 Brief an die Kustoden

Allen Kustoden der Minderen Brüder, zu denen dieser Brief gelangt, wünscht Bruder Franziskus, euer Knecht in Gott dem Herrn und der ganz Kleine, Heil mit den neuen Zeichen des Himmels und der Erde 30 , die groß und hocherhaben sind bei Gott und von vielen Ordensleuten und von anderen Menschen für ganz niedrig gehalten werden.
Ich bitte euch noch inständiger, als wenn ich für mich selber bäte, ihr möchtet doch, falls es angebracht ist und ihr es für förderlich haltet, die Kleriker in Demut anflehen, daß sie den heiligsten Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus sowie seine heiligen niedergeschriebenen Namen und Worte, die den Leib heilig gegenwärtig setzen, über alles verehren sollen. 
Die Kelche, die Korporalien, den Altarschmuck und alles, was zum Opfer gehört, sollen sie in kostbarer Ausführung haben 31 . 
Und wenn an irgendeinem Ort der heiligste Leib des Herrn ganz armselig hingelegt ist, so soll er von ihnen nach der Weisung der Kirche an kostbar ausgestatteter Stelle niedargelegt und verschlossen und mit großer Verehrung getragen und in rechter Unterscheidung anderen dargereicht werden. 
Auch die geschriebenen Namen und Wort des Herrn sollen aufgesammelt werden, wo immer sie a unsauberen Stellen gefunden werden, und an ehrenvolle Stelle hingelegt werden. 
Und in jeder Predigt, die ihr haltet, sollt ihr das Volk zur Buße mahnen und, daß niemand gerettet werden kann, wenn er nicht den heiligste Leib und das Blut des Herrn empfängt (vgl. Joh 6,54).
Und wenn er vom Priester auf dem Altare geopfert und irgendwohin getragen wird, dann sollen alle Leute die Knie beugen und dem Herrn, dem lebendigen und wahren Gott (vgl. 1 Thess 1, 9), Lob, Herrlichkeit und Ehre erweisen. 
Und sein Lob sollt ihr allen Leuten so verkünden und predigen, daß zu jeder Stunde und, wenn die Glocke läuten, dem allmächtigen Gott vom gesamten Volk auf der ganzen Erde immer Lobpreis und Dank dargebracht wird.
Und alle meine Brüder Kustoden, zu denen diese Schreiben gelangt und die es abschreiben und bei sich bewahren und für jene Brüder abschreiben lassen, die das Amt der Predigt und die Obsorge für die Brüder haben, und die alles, was in diesem Schreiben enthalten ist, bis zum Ende predigen, sollen wissen, daß sie den Segen Gottes, des Herrn, und auch meinen Segen haben. 
Und dies soll ihnen durch den wahren und heiligen Gehorsam zuteil werden. Amen.

 

Brief an die Kustoden II 

Allen Kustoden der Minderen Brüder, zu denen dieser Brief gelangt, wünscht Bruder Franziskus, der geringste der Diener Gottes, das Heil und heiligen Frieden im Herrn.
Wisset, daß vor dem Angesicht Gottes manche Dinge überaus hoch und erhaben sind, die bisweilen unter den Menschen für niedrig und wertlos angesehen werden 33 .
Und andere Dinge sind unter den Menschen wertvoll und ansehnlich, die vor Gott als ganz niedrig und als wertlos gelten. 
Ich bitte euch vor unserem Herrn und Gott, soviel ich vermag, ihr möchtet jene Briefe, die vom heiligsten Leib und Blut unseres Herrn handeln, den Bischöfen und den anderen Klerikern 34 geben.
Und ihr möget im Gedächtnis behalten, was wir euch darüber anvertraut haben. 
Von den anderen Briefen, die ich euch schicke, damit ihr sie den Bürgermeistern, Konsuln und Statthaltern gebt, und in denen steht, das Lob Gottes solle unter den Leuten und auf den Plätzen öffentlich verkündet werden 35 , fertigt alsbald viele Exemplare an / und überreicht sie mit großer Umsicht jenen, denen sie übergeben werden sollen.

 

Brief an die Gläubigen I 

(Ermahnung an die Brüder und Schwestern von der Buße)

Im Namen des Herrn

[Kapitel I] Von denen, die Buße tun

Alle, die den Herrn "lieben aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und ganzem Sinnen, aus ganzer Kraft" (vgl. Mk 12,30) und ihre Nächsten lieben wie sich selbst (vgl.Mt 22,39) und ihr verkehrtes Ich 8 Mit seinen Lastern und Sünden hassen und den Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus empfangen und würdige Früchte der Buße bringen: O wie selig und gebenedeit sind jene Männer und Frauen, wenn sie tun und darin ausharren, denn "auf ihnen wird der Geist des Herrn ruhen" (vgl. Jes 11,2), und er wird sich bei ihnen eine Wohnung und Bleibe schaffen (vgl. Joh 14,23), und sie sind Kinder des himmlischen Vaters (vgl. Mt 5,45), dessen Werke sie tun, und sie sind Anverlobte, Brüder und Mütter unseres Herrn Jesus Christus (vgl. Mt 12,50). 
Anverlobte sind wir, wenn die gläubige Seele durch den Heiligen Geist unserem Herrn Jesus Christus verbunden wird.
Brüder sind wir ihm, wenn wir "den Willen des Vaters tun, der im Himmel ist" (MI 12,50);
Mütter sind wir, wenn wir ihn durch die göttliche Liebe und ein reines und lauteres Gewissen in unserem Herzen und Leibe tragen (vgl. 1 Kor 6,20); wir gebären ihn durch ein heiliges Wirken, das anderen als Vorbild leuchten soll (vgl. Mt 5,16).
O, wie ist es ehrenvoll, einen heiligen und großen Vater im Himmel zu haben! 
O, wie ist es heilig, einen solch herrlichen, schönen und bewundernswerten Bräutigam zu haben! 
O, wie ist es heilig und lieb, einen solch wohlgefälligen, demütigen, Frieden stiftenden, süßen, liebevollen und über alles zu ersehnenden Bruder und einen solchen Sohn zu haben: unseren Herrn Jesus Christus, der sein Leben für seine Schafe hingegeben (vgl. Joh 10, 15) und zum Vater gebetet hat, indem er sprach: 
"Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, die du mir in der Welt gegeben hast. Dein waren sie, und du hast sie mir gegeben.
Und die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben; und sie haben sie angenommen und haben in Wahrheit geglaubt, daß ich von dir ausgegangen bin; und sie haben erkannt, daß du mich gesandt hast. 
Ich bitte für sie und nicht für die Welt. 
Segne und heilige sie; und für sie weihe ich mich selbst. 
Nicht für sie allein bitte ich, sondern auch für diejenigen, die auf jener Wort hin an mich glauben werden, damit sie zur Einheit geweiht seien, wie wir es sind. 
Und ich will, Vater, daß wo ich bin, auch jene mit mir seien, damit sie meine Herrlichkeit sehen in deinem Reich. Amen".

[Kapitel 2] Von denen, die nicht Buße tun

Alle jene Männer und Frauen aber, die nicht in Buße leben und den Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus nicht empfangen und Laster und Sünden begehen und die nach der bösen Begehrlichkeit und den schlechten Strebungen ihres Fleisches wandeln und nicht beobachten, was sie dem Herrn versprochen haben, und die mit ihrem Leib der Welt dienen in fleischlichen Begierden und in dem geschäftigen Treiben der Welt und den Sorgen dieses Lebens: Vom Teufel sind sie getäuscht, dessen Kinder sie sind und dessen Werke sie tun (vgl. Joh 8,41); blind sind sie, weil sie das wahre Licht, unseren Herrn Jesus Christus, nicht sehen. 
Die geistliche Weisheit besitzen sie nicht, weil sie den Sohn Gottes nicht haben, der die wahre Weisheit des Vaters ist. 
Von ihnen wird gesagt: "Ihre Weisheit ist verschlungen worden" (Ps 106,27) und: "Verflucht, die von deinen Geboten abweichen" (Ps 118,21).
Sie sehen und erkennen, wissen und tun das Böse und verderben selbst wissentlich die Seelen.
Seht doch, ihr Blinden, die ihr von euren Feinden getäuscht seid: vom Fleisch, von der Welt und vom Teufel, daß es dem Leib süß ist, die Sünde zu begehen, und bitter ist, den Dienst Gottes zu tun! 
Denn alle Laster und Sünden "gehen hervor und kommen aus dem Herzen der Menschen", wie der Herr im Evangelium sagt (vgl. Mk 7,21).
Und nichts habt ihr in dieser Welt und auch nicht in der zukünftigen. 
Und ihr wähnt, die Eitelkeiten dieser Weltzeit lange zu besitzen, aber ihr seid betrogen, denn es kommt der Tag und die Stunde, an die ihr nicht denkt, die ihr nicht wißt und nicht kennt. Der Leib wird krank, der Tod naht heran, und so stirbt er eines bitteren Todes. 
Und wo und wann und in welcher Weise auch immer ein Mensch in einer schweren Sünde ohne Buße und Genugtuung stirbt - wenn er Genugtuung leisten kann und sie nicht leistet -, da reißt der Teufel seine Seele unter solcher Angst und Qual aus dem Leib, wie es niemand verstehen kann, wenn er es nicht selbst erlebt.
Und alle Talente und die Macht und "das Wissen und die Weisheit" (2 Chr 1,12), die sie zu besitzen wähnten, wird 11 ihnen genommen werden (vgl. Lk 8,18; Mk 4,25).
Und sie hinterlassen ihr Vermögen den Verwandten und Freunden, und diese haben es an sich genommen und verteilt und später gesagt: "Verflucht sei seine Seele, denn er konnte uns mehr geben und erwerben, aber er hat es nicht erworben." 
Den Leib fressen die Würmer. Und so haben sie Seele und Leib in dieser kurzen Erdenzeit verloren, und sie werden in die Hölle kommen, wo sie ohne Ende gepeinigt werden.
Alle jene, zu denen dieser Brief gelangt, bitten wir in der Liebe die Gott ist (vgl. 1 Joh 4,16), daß sie die oben angeführten wohlduftenden 12 Worte unseres Herrn Jesus Christus mit göttlicher Liebe gutwillig aufnehmen. 
Und die nicht lesen können, sollen sie sich oft vorlesen lassen.
Und sie sollen sie durch 13 heiliges Wirken bis ans Ende bewahren, denn "sie sind Geist und Leben" (Joh 6,64). Und die das nicht tun, werden"am Tage des Gerichtes Rechenschaft" (vgl. Mt 12,36) "vor dem Richterstuhl" unseres Herrn Jesus Christus ablegen müssen 14 (vgl. Röm 14, 10).


Brief an die Gläubigen II 

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Allen religiös lebendigen Christen, KIerikern und Laien, Männern und Frauen, allen, die in der ganzen Welt wohnen, entbietet Bruder Franziskus, ihr Knecht und Untertan, ehrfurchtsvolle Ergebenheit, den wahren Frieden vom Himmel und aufrichtige Liebe im Herrn.
Da ich der Knecht aller bin, so bin ich verpflichtet, allen zu dienen und ihnen die wohlduftenden 16 Worte meines Herrn zu vermitteln. 
Deshalb habe ich in meinem Geiste bedacht: weil ich wegen der Krankheit und Schwäche meines Leibes nicht jeden einzelnen persönlich aufsuchen kann, so habe ich mir vorgenommen, euch durch diesen Brief und durch Boten die Worte unseres Herrn Jesus Christus, der das Wort des Vaters ist, mitzuteilen, sowie auch die Worte des Heiligen Geistes, die "Geist und Leben sind" (Joh 6,64).


[l. Vom Wort des Vaters]

Dieses Wort des Vaters, so würdig, so heilig und glorreich, hat der allerhöchste Vater vom Himmel durch seinen heiligen Engel Gabriel in den Schoß der heiligen und glorreichen Jungfrau Maria gesandt. Aus ihrem Schoß hat er das wirkliche Fleisch unserer Menschlichkeit und Gebrechlichkeit angenommen. 
Und er wollte",obwohl er reich war" (2 Kor 8,9) über alle Maßen, selber in der Welt mit der seligsten Jungfrau Maria, seiner Mutter, die Armut erwählen. 
Und dem Leiden nahe, feierte er das Ostermahl mit seinen Jüngern, und er nahm das Brot, sagte Dank und segnete und brach es, indem er sprach:
"Nehmet und esset, das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch und sprach: Dies ist mein Blut des Neuen Bundes, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden" (Mt 26,26-27). 
Danach betete er zum Vater und sprach: "Vater, wenn es geschehen kann, so gehe dieser Kelch an mir vorüber. 
Und sein Schweiß wurde wie Tropfen Blutes, das zur Erde rinnt" (Lk 22,44). 
Er legte aber seinen Willen in den Willen des Vaters und sprach: "Vater, es geschehe dein Wille; nicht wie ich will, sondern wie du" (Mt 26, 42.39). 
Dieses Vaters Wille war der, daß sein gebenedeiter und glorreicher Sohn, den er uns geschenkt hat und der für uns geboren wurde, sich selbst durch sein eigenes Blut als Opfer und Gabe auf dem Altare des Kreuzes darbringen sollte, 
nicht wegen sich, "durch den alles geschaffen ist" (Joh 1, 3), sondern für unsere Sünden, /
indem er uns ein Beispiel hinterließ, damit wir seinen Fußspuren folgen (vgl. 1 Petr 2,21).
Und er will, daß wir alle durch ihn gerettet werden und ihn mit unserem reinen Herzen und keuschen Leibe empfangen.
Aber es sind nur wenige, die ihn empfangen und durch ihn gerettet sein wollen, obgleich doch "sein Joch süß ist und seine Bürde leicht" (Mt 11,30).


[2. Von denen, die Gottes Gebote nicht halten wollen] 

Die nicht kosten wollen, "wie süß der Herr ist" (Ps 33,9), und "die Finsternis mehr lieben als das Licht" (Joh 3,19), weil sie Gottes Gebote nicht erfüllen wollen, die sind verflucht. 
Von ihnen wird durch den Propheten gesagt: "Verflucht, die von deinen Geboten abweichen" (Ps 118,21). 
Aber wie selig und gebenedeit sind jene, die Gott lieben und so handeln, wie der Herr selbst im Evangelium sagt: "Du sollst den Herrn deinen Gott lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deinem ganzen Sinnen und deinen Nächsten wie dich selbst" (Mt 22,37.39).

[3. Von der Liebe zu Gott und von seiner Verehrung]

Laßt uns also Gott lieben und ihn anbeten mit reinem Herzen und reinem Sinn, weil er selbst dies über alles gesucht hat, indem er sagte: "Die wahren Anbeter werden den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten" (Joh 4,23). 
Denn alle, "die ihn anbeten, müssen ihn im Geiste der Wahrheit anbeten" (vgl. Joh 4,24).
Und wir wollen ihm bei Tag und Nacht Lobpreisungen und Gebete darbringen, indem wir sprechen: "Vater unser, der du bist in den Himmeln" (Mt 6,9); denn wir "müssen allezeit beten und dürfen nicht nachlassen" (Lk 18, 1).

[4. Daß wir die Sünden den Priestern beichten sollen]

Wir müssen ja alle unsere Sünden dem Priester beichten; und von ihm laßt uns den Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus empfangen. 
Wer sein Fleisch nicht ißt und sein Blut nicht trinkt (vgl. Job 6,55.57), "kann nicht in das Reich Gottes eingehen" (Joh 3,5). 
Doch soll man würdig essen und trinken, denn wer unwürdig empfängt, "der ißt und trinkt sich das Gericht, weil er den Leib des Herrn nicht unterscheidet" (l. Kor 11,29), das heißt: unterschiedslos behandelt.
Laßt uns überdies "würdige Früchte der Buße bringen" (Lk 3,8).
Und laßt uns unsere Nächsten lieben wie uns selbst (vgl. Mt 22,39). 
Und wenn einer sie nicht genauso lieben will wie sich selbst, so möge er ihnen wenigstens nichts Böses antun, sondern Gutes erweisen.

[5. Wie diejenigen, welche die Macht erhalten haben, andere richten sollen]

Die aber die Macht erhalten haben, andere zu richten, sollen das Richteramt mit Erbarmen ausüben, wie sie selbst vom Herrn Erbarmen zu erhalten wünschen. 
Denn ein Gericht ohne Erbarmen wird über jene ergehen, die kein Erbarmen geübt haben (vgl. Jak 2,13).
Laßt uns daher Liebe und Demut haben; und laßt uns Almosen spenden, denn gerade das Almosen wäscht die Seelen von den Makeln der Sünde rein (vgl. Tob 4,11). 
Die Menschen verlieren ja doch alles, was sie in dieser Welt zurücklassen; mit sich nehmen sie jedoch den Lohn der Wohltätigkeit und die Almosen, die sie gegeben haben, und für welche sie vom Herrn Lohn und würdiges Entgelt erhalten werden.


[6. Über das Fasten sowohl von Lastern als auch von Speisen]

Wir müssen auch fasten und uns enthalten von Lastern und Sünden (vgl. Sir 3,32) sowie vom Überfluß an Speisen und Trank, und wir müssen katholisch sein 17. 
Wir müssen auch häufig die Kirchen aufsuchen und den KIerikern 18 Hochachtung und Ehrfurcht erweisen, nicht allein um ihrer selbst willen - wenn sie Sünder wären - sondern wegen des Amtes und der Verwaltung des heiligsten Leibes und Blutes Christi, den sie auf dem Altare opfern und den sie empfangen und austeilen. 
Und wir alle sollen fest wissen, daß niemand gerettet werden kann als nur durch die heiligen Worte und das Blut unseres Herrn Jesus Christus, welche die KIeriker sprechen, verkünden und darreichen.
Und nur sie allein dürfen diesen Dienst ausüben und niemand sonst.
Besonders aber sind die Ordensleute, die der Welt entsagt haben, verpflichtet, noch mehr und Größeres zu tun, aber jenes nicht zu unterlassen (vgl. Lk 11,42).


[7. Von der Feindesliebe und vom rechten Gehorsam]

Wir müssen unser Ich 19 mit den Lastern und Sünden hassen, weil der Herr im Evangelium sagt: Alles Böse, alle Laster und Sünden, "kommen aus dem Herzen" (Mt 15,18-19, Mk 7,23). 
Wir müssen unsere Feinde lieben und denen, die uns hassen, Gutes tun (vgl. Mt 5,44; Lk 6,27).
Wir müssen die Gebote und Räte unseres Herrn Jesus Christus beobachten. 
Wir müssen auch uns selbst verleugnen (vgl. Mt 16,24) und unsere Leiber unter das Joch der Knechtschaft und des heiligen Gehorsams beugen, wie es ein jeder dem Herrn versprochen hat. 
Und kein Mensch soll kraft des Gehorsams verpflichtet sein, jemand in einer Sache zu gehorchen, wo eine Schuld oder Sünde begangen wird.


[8. Daß der, welcher als der Größere gilt, den anderen dienen soll]

Wem aber der Gehorsam anvertraut ist und wer als der Größere gilt, der soll wie der Geringere (Lk 22,26) und der Knecht der anderen Brüder sein. 
Und er soll jedem einzelnen seiner Brüder das Erbarmen erzeigen und entgegenbringen, das er sich selbst erwiesen haben möchte, wenn er in ganz ähnlicher Lage wäre (vgl. Mt 7,12).
Auch soll er nicht wegen des Vergehens eines Bruders gegen den Bruder zornig werden, sondern er soll ihn mit aller Geduld und Demut gütig ermahnen und unterstützen.


[9. Daß wir nicht nach der Art des Fleisches weise sein sollen]

Wir dürfen nicht nach der Art des Fleisches weise und klug sein, sondern müssen vielmehr einfältig, demütig und rein sein. 
Und unsere Leiber sollen wir in Schmach und Verachtung halten, weil wir alle durch unsere Schuld elend und voll Fäulnis, abscheulich und Würmer sind, wie der Herr durch den Propheten sagt: "Ich bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott für die Menschen und die Verachtung des Volkes" (Ps 21,7). 
Niemals dürfen wir uns danach sehnen, über anderen zu stehen, sondern müssen vielmehr "um Gottes willen" die Knechte und Untergebenen jeder menschlichen Kreatur" (1 Petr 2,13) 20 sein.
Und alle jene Männer und Frauen: wenn sie dieses tun und darin bis zum Ende verharren, so "wird der Geist des Herrn auf ihnen ruhen" (Jes 11,2), und er wird sich in ihnen eine Wohnung und Bleibe schaffen (Joh 14,23). 
Und sie werden Kinder des himmlischen Vaters sein (vgl. Mt 5,45), dessen Werke sie tun.
Und sie sind Anverlobte 21, Brüder und Mütter unseres Herrn Jesus Christus (vgl. Mt 12,50).
Anverlobte sind wir, wenn die gläubige Seele durch den Heiligen Geist mit Jesus Christus verbunden wird. 
Brüder sind wir ja, wenn wir den Willen seines Vaters tun, der im Himmel ist (vgl. Mt 12,50).
Mütter sind wir, wenn wir ihn durch die Liebe und ein reines und lauteres Gewissen in unserem Herzen und Leibe tragen (vgl. 1 Kor 6,20); wir gebären ihn durch ein heiliges Wirken, das anderen als Vorbild leuchten soll (vgl. Mt 5,16).
O, wie ist es ehrenvoll, einen heiligen und großen Vater im Himmel zu haben! 
O, wie ist es heilig, einen herrlichen, schönen und bewundernswerten Bräutigam zu haben!
O, wie ist es heilig und wie lieb, einen solch wohlgefälligen, demütigen, Frieden stiftenden, süßen und liebevollen und über alles zu ersehnenden Bruder und Sohn zu haben, der sein Leben für seine Schafe hingegeben (vgl. Joh 10, 15) und für uns zum Vater gebetet hat, indem er sprach: "Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast. 
Vater, alle, die du mir in der Welt gegeben hast, waren dein, und du hast sie mir gegeben.
Und die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben. Und sie haben sie angenommen und in Wahrheit erkannt, daß ich von dir ausgegangen bin; und sie haben geglaubt, daß du mich gesandt hast. Ich bitte für sie, und nicht für die Welt. 
Segne und heilige sie. Und für sie weihe ich mich selbst, damit sie zur Einheit geweiht sind, wie auch wir es sind. 
Und ich will, Vater, daß dort, wo ich bin, auch jene mit mir seien, damit sie meine Herrlichkeit sehen in deinem Reich" 22 . 


[10. Daß Gott Lobpreis dargebracht werden soll]

Ihm aber, der so Schweres für uns erduldet und uns so viel Gutes erwiesen hat und in Zukunft erweisen wird - jegliche Kreatur, die im Himmel, auf der Erde, im Meer und in den Tiefen ist, soll Gott Lob, Herrlichkeit, Ehre und Benedeiung erweisen (Offb 5,13), 
weil er unsere Kraft und Stärke ist, er, der allein gut ist, allein der Höchste, allein allmächtig, bewundernswert, herrlich und allein heilig, lobwürdig und gepriesen durch die unendlichen Ewigkeiten der Ewigkeiten. Amen.

[11. Von der Buße und vom Leibe Christi]

Alle jene aber, die nicht in Buße leben und den Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus nicht empfangen / 
und Laster und Sünden begehen und nach der bösen Begehrlichkeit und nach bösen Süchten wandeln und nicht beobachten, was sie versprochen haben, / 
und die mit ihrem Leib der Welt dienen in fleischlichen Begierden, in den Sorgen und dem geschäftigen Treiben dieser Welt und den Sorgen dieses Lebens: 
vom Teufel getäuscht, dessen Kinder sie sind und dessen Werke sie tun (vgl. Joh 8,41), sind sie blind, weil sie das wahre Licht, unseren Herrn Jesus Christus nicht sehen. 
Die geistliche Weisheit besitzen sie nicht, weil sie den Sohn Gottes nicht in sich haben, der die wahre Weisheit des Vaters ist. Von ihnen wird gesagt: "Ihre Weisheit ist verschlungen worden" (Ps 106,27). 
Sie sehen und erkennen, wissen und tun das Böse und verlieren wissentlich die Seelen.
Seht doch, ihr Blinden, die von unseren Feinden getäuscht sind, nämlich vom Fleisch, von der Welt und vom Teufel, daß es dem Leib süß ist, die Sünde zu begehen, und bitter, Gott zu dienen. Denn alles Böse, alle Laster und Sünden "gehen hervor und kommen aus dem Herzen der Menschen", wie der Herr im Evangelium sagt (vgl. Mk 7,21).
Und nichts habt ihr in dieser Welt und auch nicht in der zukünftigen. 
Ihr wähnt, die Eitelkeiten dieser Weltzeit lange zu besitzen, aber ihr seid betrogen, denn es kommt der Tag und die Stunde, an die ihr nicht denkt, die ihr nicht wißt und nicht kennt.

[12. Von dem Kranken, der schlecht Buße tut]

Der Leib wird krank 23, der Tod naht heran, es kommen die Verwandten und Freunde und sagen: "Ordne deine Dinge!" 
Seht, seine Frau und seine Kinder und die Verwandten und Freunde tun so, als weinten sie.
Und er schaut auf und sieht sie weinen; da wird er von einer bösen Regung erfaßt. Er überlegt in seinem Inneren und spricht: "Seht, die Seele und meinen Leib und all das Meine lege ich in eure Hände." 
Wahrhaftig, dieser Mensch ist verflucht, der seine Seele und den Leib und all das Seine solchen Händen anvertraut und überantwortet. 
Daher sagt der Herr durch den Propheten: "Verflucht der Mensch, der auf einen Menschen vertraut" (Jer 17,5). 
Und sofort lassen sie einen Priester kommen. Der Priester sagt zu ihm: "Willst du die Buße annehmen für alle deine Sünden?" / 
Er erwidert: "Ich will." "Willst du Genugtuung leisten für deine Vergehen und für das, womit du Menschen betrogen und hintergangen hast, so wie du es mit deinem Vermögen kannst?" /
Er antwortet: "Nein." Und der Priester sagt: "Warum nicht?" / 
"Weil ich alles in die Hände der Verwandten und Freunde übergeben habe."
Und er beginnt, die Sprache zu verlieren, und so stirbt jener Elende.
Es sollen aber alle wissen: Wo und wie auch immer ein Mensch in einer schweren Sünde ohne Genugtuung stirbt - wenn er Genugtuung leisten kann und sie nicht leistet -, da reißt der Teufel seine Seele unter solcher Angst und Drangsal aus dem Leib, wie es niemand verstehen kann, wenn er es nicht selbst erlebt. 
Und alle Talente und die Macht und das Wissen, das er zu besitzen wähnte, wird ihm genommen werden (vgl. Lk 8,18; Mk 4,25). 
Und er hinterläßt sein Vermögen den Verwandten und Freunden, und diese werden es nehmen und verteilen und später sagen: "Verflucht sei seine Seele, denn er hätte uns mehr geben und erwerben können, als er tatsächlich erworben hat." / 
Den Leib fressen die Würmer. Und so verliert er Seele und Leib in dieser kurzen Erdenzeit, und er wird in die Hölle kommen, wo er ohne Ende gepeinigt wird.
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Ich, Bruder Franziskus, euer minderer Knecht, bitte und beschwöre euch in der Liebe, die Gott ist (vgl. 1 Joh 4,16), und im Verlangen, eure Füsse zu küssen, daß ihr diese und die anderen Worte unseres Herrn Jesus Christus mit Demut und Liebe aufnehmen, sie tun und beobachten sollt. 
Und alle jene Männer und Frauen, die sie gutwillig aufnehmen und verstehen und anderen in einer Abschrift zusenden, und wenn sie in ihnen ausharren bis ans Ende (Mt 24,13), so möge sie segnen der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Gebet im Geiste
des hl. Franz von Assisi

Gruß an die
Tugenden

Gruß an die
selige Jungfrau Maria

Lobpreis
Gottes

Segensgebet für
Bruder Leo

 

Erklärung zum
Vaterunser

Gebet vor
dem Kreuzbild

Aufforderung zum
Lobe Gottes

Gebet und
Danksagung

Die Psalmes

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