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"Er konnte sehr spontan sein“ | |
„Er konnte sehr spontan sein“, das antwortet Bischof Joachim Reinelt, wenn er nach dem Menschen Karol Wojtyla gefragt wird. So beim Besuch einer Gruppe DDR-Bürger, die 1983 mit Sondergenehmigung nach Rom fahren durften. Als der Papst während eines Gottesdienstes im Petersdom erfährt, dass sich unter den Gläubigen auch DDR-Bürger befinden, lässt er sogleich ein Treffen im Anschluss an die Messfeier arrangieren. Unter den Teilnehmern war auch Joachim Reinelt, zu jener Zeit noch Pfarrer. „Und er nahm sich Zeit. Er gab jedem die Hand, wechselte einige Worte, ließ uns spüren: ich weiß um euer Staatsgefängnis DDR. Habt Mut.“ Seit dieser ersten Begegnung hat Bischof Joachim Reinelt den Heiligen Vater über ein Dutzend Mal getroffen. Besonders erstaunt war er dabei auch immer von der enormen Gedächtnisleistung Johannes‘ Pauls II. „Bei unserer nächsten Begegnung in Niederösterreich konnte er sich noch an meinen Namen erinnern und daran, wo ich herkomme. Erstaunlich bei einer Begegnung, die vielleicht eine halbe Stunde gedauert hatte, wenn man weiß, wie viele Leute er kannte und täglich neu kennen lernte.“ Der Heilige Vater blieb bei allen Treffen aber auch ein Mann, der zuhören konnte. Auch bei Entscheidungen der Bischofskonferenz, in denen es zu Unstimmigkeiten mit Rom kam, habe der Papst nie seine Beschlüsse als Diktat von oben getroffen. „Er hatte nie die Arroganz zu sagen, ich bestimme, und ihr habt zu folgen. Er sagte: ‚Wir müssen gemeinsam eine Lösung finden‘. Und wir wussten, dass er vor schwierigen Entscheidungen bewusst das Gebet suchte“, so Bischof Reinelt. „Er suchte den Einfluss des Heiligen Geistes. Die Kraft, die er darin fand, gab ihm dann auch den Mut, zu seinen Entschlüssen zu stehen.“ Für Bischof Reinelt bleibt Papst Johannes Paul II. „ein außergewöhnlicher Mensch.“ In der 2.000-jährigen Kirchengeschichte habe kaum ein Pontifex zuvor so viel gepredigt, sei so viel gereist, habe mit und zu so vielen Menschen gesprochen. Allerdings, auch nicht immer habe es einen so begabten Papst gegeben, der allein durch sein Beherrschen so vieler Sprachen eine besondere Möglichkeit hatte, die Herzen der Menschen zu erreichen. Der Eindruck, den der Heilige Vater bei der Jugend hinterließ – für den Bischof von Dresden-Meißen eine Folge dessen, dass er seine Meinung klar äußerte. Er habe nicht versucht, sich anzubiedern. Und das sei von den jungen Menschen honoriert worden. Wenn er – etwa auf den Weltjugendtagen – mit ihnen betete und feierte, sei er dabei, so Bischof Reinelt „stets zwei bis drei Jahre jünger geworden. Er hat die Jugend mitgerissen, und sie hat ihn mitgerissen.“ Die Bedeutung des Papstes für die Menschen im Osten Europas aber, auch im Osten Deutschlands, sei vor allem seiner Rolle beim Fall des Eisernen Vorhangs und im Zusammenbruch des Kommunismus zu sehen. „Ohne die polnische Welle Solidarnosc wäre nicht die Welle erzeugt worden, die letztlich die Wende einläutete“, so Bischof Reinelt. „Und ohne diesen Papst wäre Solidarnosc nicht möglich gewesen.“ Seine Trauer um den verstorbenen Papst Johannes Paul II., so Bischof Joachim Reinelt, sei dabei die Trauer um einen außergewöhnlichen Mann. Doch für den Christen bleibe ja der Glaube an den, der ihn nun zu sich gerufen habe. „Und wenn man dabei den Optimismus hat, den er hatte, wird es nicht so viele Tränen geben.“ Michael Baudisch Bistum Dresden-Meissen |
„Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus! Öffnet die Grenzen der Staaten, die wirtschaftlichen und politischen Systeme, die weiten Bereiche der Kultur, oder Zivilisation und des Fortschritts seiner rettenden Macht! Habt keine Angst! Christus weiß ‚was im Inneren des Menschen’ ist: Er allein weiß es“. So sagte Papst Johannes Paul II. in der Ansprache bei seiner Einführung am 22. Oktober 1978. Sein Leben und sein Pontifikat war ganz auf Jesus Christus ausgerichtet. IHN verehrt er, IHN verkündet er. Christus ist für den einzelnen Menschen und die gesamte Menschheit Erlöser des Menschen (Redemptor hominis), reich an Barmherzigkeit (Dives in misericordia) und Herr und Lebenspender (Dominum et vivificantem). So lauten die ersten drei Enzykliken seines Pontifikates. In dem Schreiben an die Menschheit für das 3. Jahrtausend (Tertio millennio ineunte) ermuntert er, auf Jesus Christus zu blicken, „das Angesicht, das es zu betrachten gilt“. Um Christus zu allen Völkern und Nationen zu bringen, unternahm er über 100 Auslandsreisen, die er „Pilgerschaft für Christus“ nannte.
Der Mensch stand im Mittelpunkt
Der Mensch ist nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen. Für ihn hat Gott seinen eigenen Sohn hingegeben. Er soll im Himmel vollendet werden. Diese Überzeugung hat Papst Johannes Paul II. veranlasst, unermüdlich die Menschenwürde und die Menschenrechte einzufordern und zu verteidigen. Damit der Mensch menschlich leben kann, setzte er sich für die Überwindung des Hungers und gegen jeden Krieg, für die Freiheit in Verantwortung und gegen jedes Unrecht ein.
Der Mensch hat Würde und Recht auf Leben vom ersten Augenblick an bis zum natürlichen Sterben. Abtreibung und Euthanasie waren für Johannes Paul II. deshalb verabscheuungswürdige Verbrechen. Aufgrund dieses Credo an den Menschen forderte er die Rechte der Behinderten und aller am Rand der Gesellschaft Stehenden ein. Er wandte sich gegen jeden Nationalismus und Rassismus, weil sie die Gleichheit aller Menschen missachten. Er bekämpfte den Kommunismus und Kapitalismus, weil sie den Menschen nicht als höchsten Wert achten. Die Ökumene und der interreligiöse Dialog, die er wie kein anderer vor ihm gefördert hat, gehören in diesen Zusammenhang. Die Religions- und Bekenntnisfreiheit ist ein hohes Gut für jeden Menschen.
Die heilige Kirche war sein großes Anliegen
Papst Johannes Paul II. wird der Papst der Superlative genannt. Dieses Prädikat gilt auch für die Heilig- und Seligsprechungen. Keiner vor ihm hat so viele Frauen und Männer selig und heilig gesprochen. Damit beabsichtigte er die Heiligkeit in der Kirche und in der Welt zu fördern. Heiligkeit bedeutet für ihn christusförmig zu leben. Das gleiche Ziel verfolgt er mit dem Außerordentlichen Heiligen Jahr der Erlösung 1983 und vor allem dem Jubiläumsjahr 2000. Die Heiligkeit der Kirche veranlasste ihn, im Heiligen Jahr 2000 das große Schuldbekenntnis für die Sünden und Fehler der Kirche zu sprechen.
Wie kein anderer vor und neben ihm hat er z.B. die Pädophiliefälle in Nordamerika und anderswo beim Namen genannt und gegeißelt. Die Heiligkeit der Kleriker und Ordensleute als Vorbild für die ganze Christenheit war ihm ein großes Anliegen. Die Forderung der Heiligkeit hat er als „großes pastorales Programm“ für das 3. Jahrtausend bezeichnet. Dabei sollten die Ehe und Familie, die Zelle der Kirche und Gesellschaft, ihre Aufgabe erfüllen. Ihre Heiligkeit lagen Papst Johannes sehr am Herzen.
Der Papst und die Jugend
Die Weltjugendtage waren seine Idee und Initiative. Die Jugend und die Kinder waren ihm besonders wichtig. Ihre Zukunft lag ihm am Herzen. Wenn er der Jugend begegnete lebte er auf und die Jugend schätzte und liebte ihn. Das hat ihre Anteilnahme an seinem Sterben und ihre Trauer über seinen Tod auf eindrucksvolle Weise bestätigt. Die Jugendlichen folgten nicht in allem seinen Ansichten, aber sie schätzten seine unverbrüchliche Treue zu seinen Idealen. Wer die Weltjugendtage miterlebt hat, besonders die letzten in Rom und Toronto, weiß um das einzigartige Verhältnis des Papstes zur Jugend. Besonders um der Jugend willen setzte er sich für eine friedvolle und gerechte Welt ein. Er ermutigte sie mit dem Evangelium Jesu Christi für eine bessere Welt zu kämpfen.
Der marianische Papst
Papst Johannes Paul war mit der Gottesmutter Maria in besonderer Weise verbunden. Er hat die Marienfrömmigkeit wie kein anderer Papst vor ihm gefördert. Der Schweizer Theologe Hans Urs von Balthasar, den Johannes Paul II. in den Kardinalstand erhob, hat die Bedeutung des „marianischen Prinzips“ neben dem „petrinischen“ für die Kirche hervorgehoben. Das petrinische oder hierarchische Prinzip ist bedeutsam für die äußere Beständigkeit und Wirksamkeit der Kirche, das marianische bildet die Seele der Kirche. Papst Johannes hat beide Prinzipien in sich vereint. Er war ein Papst, der kraftvoll die Kirche vertreten konnte und ihre Sendung verwirklichte. Marienfrömmigkeit hat ihn zu einem menschlichen und liebenswürdigen Papst in all seinem Handeln gemacht. Das marianische Prinzip darf in der Kirche niemals zu kurz kommen oder fehlen. Auch das gehört zu seinem Vermächtnis.
Persönlich bin ich dem Papst sehr oft begegnet. Ich war auf dem Petersplatz als er am 16. Oktober 1978 gewählt wurde. Am Tag darauf habe ich zum ersten Mal mit ihm gesprochen, als ich in Begleitung des damaligen Bischofs von Fulda Dr. Eduard Schick im Apostolischen Palast war. In den folgenden Jahren war ich mit Studenten und Priesteramtskandidaten oft bei ihm in der Privatkapelle zur Heiligen Messe und anschließendem Gespräch. Als Konzellebrant konnte ich seine tiefe Frömmigkeit miterleben. Sie hat die Priesteramtskandidaten und auch mich tief beeindruckt. Anläßlich eines Ad-limina-Besuches und bei der Bischofssynode im Oktober 2001 über das Bischofsamt, an der ich teilnehmen durfte, war ich auch zum Essen beim Papst eingeladen. Ich habe meinen Antrittsbesuch als Erzbischof von Bamberg 2002 gemacht und am 29. Juni 2003 das Pallium empfangen. Im Januar diese Jahres bin ich ihm zum letzten Mal begegnet. Papst Johannes war ein sensibler Mensch, ein aufmerksamer Zuhörer, ein Kirchenmann, der Hoffnung ausbreitete, ein tieffrommer Priester und ein Papst der Geschichte geschrieben hat.
www.erzbistum-bamberg.de
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trauern um Papst Johannes Paul II. Seit der Ankündigung beim Weltjugendtag 2002 in Toronto, den nächsten Weltjugendtag im Erzbistum Köln zu feiern, haben sich zahlreiche Verantwortliche und inzwischen mehr als 200 Beschäftigte im Weltjugendtagsbüro unermüdlich engagiert, den Weltjugendtag und insbesondere den Besuch von Papst Johannes Paul II. vorzubereiten.
Mit dem Tod von Papst Johannes Paul II. verliert die Jugend der Welt einen ihrer größten Fürsprecher. Der Papst hat die Weltjugendtage ins Leben gerufen und damit ein zentrales Element seines Pontifikats entwickelt. Es war sein sehnlichster Wunsch, vom 18. bis zum 21. August 2005 nach Köln zu kommen. Unsere Arbeit war vom großen Vertrauen des Heiligen Vaters getragen, für das wir ihm sehr danken. In der Trauer über seinen heutigen Tod sind die Verantwortlichen des Weltjugendtags und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Jugend und den Gläubigen in aller Welt verbunden.
Der Herr möge Papst Johannes Paul II. seine verdiente Ruhe geben.
Wir werden unsere Arbeit für den Weltjugendtag unter dem Segen des Verstorbenen fortsetzen. Die Trauermesse des Weltjugendtagsbüros für den verstorbenen Papst wird am Dienstag, den 5. April 2005, um 18 Uhr in der Kirche Sankt Gereon (Köln) gefeiert.
www.wjt2005.de
Der Heimgang unseres Heiligen Vaters erfüllt uns mit Wehmut und Trauer. Mit Johannes Paul II. verliert die katholische Kirche einen großen und kirchengeschichtlich bedeutsamen Papst und die Welt eine herausragende moralische Autorität.
Ich danke dem Herrn, dass er uns in unserer Zeit diesen Papst geschenkt hat, der als Nachfolger Petri die Kirche kraftvoll geleitet und über die „Schwelle der Hoffnung“ ins 21. Jahrhundert geführt hat.
1978 wurde Karol Wojtyla zum Papst gewählt. Seine ersten programmatischen Worte an die Welt lauteten: „Öffnet die Tore für Christus!“ Er selber ging mit Charisma und missionarischer Kraft voran, Türen für Christus aufzustoßen:
• Türen zu allen Völkern und Kontinenten durch seine unzähligen Pastoralreisen;
• Türen in die kommunistischen Länder und in die Dritte und Vierte Welt als ihr Anwalt für Freiheit und Friede, Gerechtigkeit und Menschenwürde;
• Türen zur Ökumene in Ost und West; das interreligiöse Gebet in Assisi, der Besuch in der römischen Synagoge und viele andere ökumenische Begegnungen sind Beispiele seiner Sehnsucht nach Einheit der Christen und der Menschheit;
• Türen zur inneren Erneuerung der Kirche durch seine Anziehungskraft auf die Jugend, die Förderung neuer geistlicher Gemeinschaften, sowie die 1275 Selig- und 488 Heiligsprechungen von Christen als Vorbilder des Christseins in den Herausforderungen unserer Zeit.
Freilich, all dies beschreibt noch nicht den Kern seines Wesens und seiner Ausstrahlung. Johannes Paul II. war vor allem ein Mann des Gebetes, der in einer tiefen Verbundenheit mit Jesus Christus und mit Maria, der Mutter des Herrn, gelebt und aus dieser Kraft heraus die Kirche geleitet und inspiriert hat. Aus dieser tiefen spirituellen Verankerung heraus hat er auch sein langjähriges schweres Leiden gemeistert und der Welt ein Beispiel gegeben, was es heißt, mit Christus zu „leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden“ (vgl. Röm 8,17).
Papst Johannes Paul II. hat uns und der ganzen Kirche ein großes Vermächtnis hinterlassen. Ich danke Gott mit tiefer Bewegung für seinen langjährigen Dienst. Nun gilt es, sein Vermächtnis in Ehren und lebendig zu halten, indem wir mit seinen Worten beten: „Christus bleibe! Bleibe und lebe fort in unserer Zukunft!“
Unauslöschlich in Erinnerung bleiben wird für uns sein Besuch in Speyer am 4. Mai 1987. Seine Predigt wurde - zweieinhalb Jahre vor dem Fall der Mauer - zu einem eindringlichen Appell, in Verantwortung vor Gott und unter Achtung aller Grundwerte und Grundrechte ein geeintes Europa vom Atlantik bis zum Ural zu schaffen. Die getrennten Kirchen bat der Papst, den mühsamen Weg zur Einheit weiterzugehen und alles zu vermeiden, was Gräben erneut vertiefen könnte. Im Hinblick auf die drei Tage zuvor selig gesprochene Edith Stein mahnte er die Gläubigen der Diözese Speyer: "Seid treue Hüter ihrer Botschaft und ihres Lebenszeugnisses!"
Wir wollen im Bistum unsere Trauer an diesem Sonntag um 12 Uhr mit einem viertelstündigen Trauergeläut öffentlich zum Ausdruck bringen. In allen Pfarreien bzw. Pfarreiengemeinschaft soll zudem in den nächsten Tagen ein feierliches Requiem für den Heiligen Vater gehalten werden. Außerdem soll bis zum Tag der Beisetzung des Papstes in allen Messfeiern in den Fürbitten und im Hochgebet des Verstorbenen gedacht werden. Im Speyerer Dom werden wir für Papst Johannes Paul II. ebenfalls ein Requiem feiern. (Tag und Zeit werden noch bekannt gegeben.)
Danken wir dem Herrn, dass er seiner Kirche Papst Johannes Paul II. geschenkt hat. Und bitten wir ihn, dass er den Verstorbenen in sein österliches Licht aufnehme!
Anton Schlembach, Bischof von Speyer
Johannes Paul II. hat sein Pontifikat der Aufgabe gewidmet, nach dem Vorbild Mariens und dem Beispiel Johannes des Täufers auf Jesus Christus zu zeigen - auf Jesus Christus, den „Redemptor Hominis“, den Erlöser des Menschen. Gerade darin liegen sein „Erfolg“ und seine unermessliche Beliebtheit ganz besonders auch bei jungen Menschen begründet, wie es vor allem auch die von ihm ins Leben gerufenen Weltjugendtage eindrucksvoll erwiesen haben.
Papst Johannes Paul II. verkündete und lebte in überzeugender Weise: Durch Jesus Christus findet der Mensch - der junge wie der alte und gebrechliche - wahres Glück und echte Freiheit. Unvergesslich blieb mir der Satz, mit dem er 1996 seine Ansprache am Brandenburger Tor beendete: „Der Mensch ist zur Freiheit berufen; die Fülle und die Vollkommenheit dieser Freiheit hat einen Namen: Jesus Christus“. Daher wird auch sein Einsatz für den unverfälschten Glauben an die Menschheit und Gottheit Jesu Christi und der daraus erwachsenen ungebrochenen Glaubenstradition der katholischen Kirche verständlich.
Ausgehend von der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus, im Blick auf das Kreuz und im Glauben an die Auferstehung hat sich Papst Johannes Paul II. in unvergesslicher Weise für die Personwürde jedes Menschen eingesetzt – gerade auch des Alten, Kranken und Gebrechlichen - und besonders auch für den Schutz des ungeborenen Lebens gekämpft. In seinem persönlichen Auftreten und in vielen Botschaften hat der Heilige Vater deutlich gemacht: Unabhängig von Rasse und Religion ist jeder Mensch mit größtem Respekt zu behandeln.
Wegen dieser Sicht des Menschen war Johannes Paul II. ein Gegner jeder engstirnigen und oberflächlichen Ideologie. Er hat sich uneingeschränkt für Glaubens- und Gewissensfreiheit eingesetzt, ebenso für den Frieden und soziale Gerechtigkeit im Zusammenleben der Völker. Dieser Papst hat wesentlich dazu beigetragen, dass die gottlose und menschenverachtende Ideologie des Kommunismus überwunden wurde und Deutschland auf der Grundlage einer freiheitlichen Demokratie seine Einheit wieder erlangte. Eindringlich hat der Papst die Religionsführer der Welt beschworen, dass nie und nimmer im Namen Gottes oder der Religion ein Krieg geführt werden dürfe. Jeder Krieg sei eine Niederlage der Menschheit.
Besonders eindrucksvoll war für mich auch, wie unser Papst im Heiligen Jahr 2000 vor dem aufgerichteten Kreuz in der Peterskirche für alle vorausgegangenen Generationen um Vergebung gebeten hat für das, was Christen im Missverständnis des Evangeliums anderen an Unrecht angetan haben. Ebenso hat mich berührt, wie der Heilige Vater gebückt und gestützt auf seinen Krückstock an die Klagemauer von Jerusalem ging und die Vergebungsbitte in die Klagemauer hineingelegt hat, dass alles, was Christen Juden in der Vergangenheit angetan haben, Gott vergeben möge.
Gerade auch als Militärbischof bin ich dem verstorbenen Heiligen Vater überaus dankbar für die Klarheit seiner Stellungnahme für den Frieden und seine eindeutige Position gegen den Krieg, wie es beim Ausbruch des Irakkrieges besonders deutlich wurde. Mit seinem unermüdlichen Eintreten für den Frieden und die soziale Gerechtigkeit ohne falsche Rücksicht auf die politisch herrschenden Kräfte ist Johannes Paul II. der große Mahner zum Wohl der Menschheit geworden. Sein Zeugnis fordert uns alle heraus, sich als missionarische Menschen zu Jesus Christus zu bekennen.
Bistum Eichstätt
In einer Stellungnahme würdigte er das Wirken des Heiligen Vaters:
„Unser Heiliger Vater Papst Johannes Paul II. ist tot. Gott hat ihn zu sich gerufen. Im Evangelium haben wir gelesen: „Und Jesus stand frühmorgens am anderen Ufer.“ Das wünsche ich unserem Heiligen Vater, wenn er an das andere Ufer nach diesem Leben gelangt, dass er Jesus trifft, der auf ihn wartet und dem er als Nachfolger Petri seine Liebe so oft bezeugt hat.
Papst Johanne Paul II. hat über 25 Jahre die Kirche Christi geleitet. Er hat wesentlich am Zusammenbruch des atheistischen Kommunismus uns Staatssozialismus mitge-wirkt. Er hat der Solidarnosc-Bewegung in Polen Mut gemacht. Er hat pastorale Reisen in viele Länder der Welt unternommen und die Schwestern und Brüdern im Glauben gestärkt. Er hat mutige ökumenische Zeichen gesetzt und das Verhältnis der Kirchen zum Judentum auf eine neue und gute Grundlage gestellt. Er hat sich wie kaum ein anderer mutig für den Weltfrieden eingesetzt und Solidarität und Gerechtigkeit gerade für die Armen eingefordert. Manche haben sich an seinen pastoralen Entscheidungen gerieben, aber er hat in Klarheit und Treue die Lehre der Kirche vertreten. Wir hatten einen guten Papst. Gott schenke ihm ewiges, seliges Leben in Christus, unserem auferstandenen Herrn. Ihm nachzufolgen, dazu hat Johannes Paul gerade auch in seinem Leiden und in seiner Krankheit ermutigt. Ich bitte Sie alle um Ihr Gebet für Johannes Paul II.“
Bischof Mussinghoff hält sich zur Zeit mit einer Gruppe von Seminaristen und Prie-steramtsanwärtern in Israel auf. Nach seiner Rückkehr wird im Aachener Dom eine Trauermesse für den verstorbenen Papst gelesen; der genauen Zeitpunkt wird noch bekannt gegeben.
Gerade wir Christen in jenen Ländern, die jahrzehntelang unter kommunistischer Herrschaft gelitten haben, blicken voll Dankbarkeit auf das Pontifikat Johannes Paul II. zurück. Mit seiner klaren Absage an Diktatur und Gewalt hat Johannes Paul II. dazu beigetragen, dass der Eiserne Vorhang fiel und die Völker Europas zu einem Leben in Frieden und Freiheit aufbrechen konnten. Durch seine pastoralen Reisen hat der Papst nicht nur die Gläubigen in aller Welt gestärkt, sondern auch zu Frieden und Versöhnung beigetragen. Erinnert sei besonders an das Gebetstreffen der Religionen in Assisi 1986 oder an seine Versöhnungsgeste im Jahre 2000 an der Klagemauer in Jerusalem.
Nicht müde wurde der Pontifex, wenn es darum ging, seine Stimme gegen Armut, Ungerechtigkeit, Krieg und ungerechte Gewalt zu erheben. In seinen Botschaften stellte er sich immer wieder auf die Seite der Armen und derer, die die Lasten der Konflikte zu tragen hatten.
Papst Johannes Paul II. hat bis zuletzt auch gegen Kritik an seinem Pontifikat festgehalten und damit der Welt ein sichtbares Zeugnis seiner Sendung gegeben. Die Geschichte wird ihn als eine der integrativsten Persönlichkeiten an der Schwelle zum 21. Jahrhundert festhalten.
„Selten hat eine Papstwahl mehr Aufsehen erregt als die Wahl von Karol Wojtyla am 16. Oktober 1978. Zu Recht, wie sich bald zeigen sollte. Von Anfang an tritt Johannes Paul II. als ungewöhnlich kraftvolle, eigenwillige und spannungsreiche Person in Erscheinung. Fest in seiner polnischen Heimat verwurzelt, übt er sein weltkirchliches Amt weltgewandt aus wie kaum einer seiner Vorgänger, der erste Papst des Medienzeitalters, mit einem erstaunlichen Gespür für symbolische Gesten. Bis in den Stil seiner zahlreichen Lehrschreiben hinein öffnet er sich persönlich, sagt „ich“ statt „wir“, verstößt unbekümmert gegen die Regeln kirchendiplomatischer Etikette, sucht stets die Nähe zu den Menschen. Ihm, dem unbeugsamen Gegner des Kommunismus, rufen brasilianische Arbeiter mit erhobener Faust „Genosse“ zu, und noch als Greis begeistert er Millionen von Jugendlichen.
Vielleicht kennzeichnet kein anderes Element den Stil seiner Amtsführung besser als die Vielzahl seiner Reisen. Schon die erste, die ihn nach Santo Domingo und Mexiko führt, signalisiert ein Programm: Es geht dem Papst vor allem darum, das Evangelium zu verkünden und die Menschenrechte zu verteidigen, weltweit und kompromisslos. Beides gehört für ihn untrennbar zur Sendung der Kirche, und bildet zugleich zwei Seiten einer Vision. In der Tat ist dieser Papst in erster Linie ein Visionär. Ihn treibt die Vision einer im Glauben geeinten Kirche und einer in Solidarität und Gerechtigkeit geeinten Menschheit. Deshalb sein beharrliches Eintreten für die Ökumene. Deshalb sein zäher Einsatz für ein neues Europa jenseits der Spaltung durch den Eisernen Vorhang, deshalb schließlich sein unermüdlicher Kampf für eine „Zivilisation der Liebe“ jenseits der Spaltung der Welt durch Armut und Hunger. Diesem Ziel dienen Reise- und Lehrtätigkeit gleichermaßen, dient eine überbordende Fülle von B egegnungen, Gesprächen, Predigten und Lehrschreiben, in denen er wirbt, mahnt, fordert, argumentiert. Er ist zu allen gekommen - ein „global player“, wie unsere Zeit kaum einen zweiten kennt, und ein „global prayer“.
Marianische Frömmigkeit, personbezogenes Denken und unerschütterliche Glaubenstreue prägen Johannes Paul II., gepaart mit Humor, der Fähigkeit zum Zuhören und, im Laufe der Jahre immer stärker hervor tretend, eiserner Willenskraft. Aus alledem entsteht ein Lebenswerk, das auch seinen Kritikern Respekt abnötigt. Er hat Geschichte gemacht, nicht nur Kirchengeschichte. Niemand kann seinen unschätzbaren Beitrag zum Ende des Kommunismus bestreiten, niemand seine mannigfachen grenzüberschreitenden Initiativen, besonders in Bezug auf die nichtchristlichen Religionen. So bei seinem Besuch der Synagoge in Rom, an der Klagemauer in Jerusalem, in der Moschee in Damaskus, durch die Friedensgebete in Assisi. Gegen Widerstände setzt er im Jahr 2000 das große Schuldbekenntnis der Kirche durch, seinen Attentäter besucht er im Gefängnis und verzeiht ihm öffentlich, angesichts der Zunahme kriegerischer Gewalt tritt er fast flehentlich immer wieder für den Frieden ein, nähert sich bis auf Haare sbreite einem strikten Pazifismus. Er passt in keine Schublade, zeigt Ecken und Kanten, manchmal auch Schroffheit, manchmal Verletzbarkeit. Keineswegs alle seine Entscheidungen finden ungeteilte Zustimmung, einige stoßen sogar auf scharfe Kritik und Widerstand. Zu beirren vermögen ihn solche Reaktionen nicht.
In Erinnerung bleiben werden vermutlich am ehesten Bilder aus den letzten Lebensjahren des Papstes, Bilder eines weißhaarigen Greises, der sich, von schwerer Krankheit immer tiefer gebeugt, unbeugsam an seinem Hirtenstab fest hält. Sinnbilder der Entschlossenheit, seinen Weg bis zum Ende zu gehen. Nun durfte er loslassen. Johannes Paul II. ist tot. Ein großer Papst ist gestorben. Der Glaube, in dem und für den er lebte, verbietet es, darin nur einen Anlass zur Trauer zu sehen.“
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