Franziskus von Assisi

Nicht bullierte Regel

Im Jahre 1209 bzw. 1210 legte Franziskus dem Papst Innozenz III. die erste Form seiner Ordensregel vor. Ihre Textgestalt ist heute nicht mehr bekannt. Mit dem Wachsen der Brüderschaft ergab sich die Notwendigkeit, die Entwicklung zu berücksichtigen durch Ergänzungen, Verbesserungen und Überarbeitungen des Regeltextes. Das geschah auf den Generalkapiteln. Das Generalkapitel des Jahres 1221 erstellte die Redaktion des uns bekannten Textes der nicht bullierten Regel.

Prolog

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! 

Dies ist das Leben des Evangeliums Jesu Christi, welches Bruder Franziskus vom Herrn Papst Innozenz erbeten hat, daß es ihm gewährt und bestätigt würde. Und dieser gewährte und bestätigte es ihm und seinen Brüdern, den damaligen und den zukünftigen. Bruder Franziskus und wer immer das Haupt dieses Ordens sein wird, soll Gehorsam und Ehrerbietung dem Herrn Papst Innozenz und seinen Nachfolgern versprechen.  Und alle anderen Brüder sollen verpflichtet sein, dem Bruder Franziskus und dessen Nachfolgern zu gehorchen.


l. Kapitel 
Daß die Brüder leben sollen ohne Eigentum und in Keuschheit und in Gehorsam

Regel und Leben dieser Brüder ist dieses, nämlich zu leben in Gehorsam, in Keuschheit und ohne Eigentum und unseres Herrn Jesu Christi Lehre und Fußspuren zu folgen, der sagt: 
"Wenn du vollkommen sein willst, dann geh (MI 19,21) und verkaufe alles (vgl. Lk 18,22), was du hast, und gib es den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben; und komm, folge mir nach" (Mt 19,2 1). Und: "Wenn jemand mir nachfolgen will, verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir" (Mt 16,24). Ebenso: "Wenn jemand zu mir kommen will und nicht Vater und Mutter und Frau und Kinder und Brüder und Schwestern haßt, ja selbst sogar sein eigenes Leben, kann er mein Jünger nicht sein" (Lk 14,26). Und: "Jeder, der Vater oder Mutter, Brüder oder Schwestern, Frau oder Kinder, Häuser oder Äcker um meinetwillen verläßt, wird Hundertfaches erhalten und das ewige Leben besitzen" (vgl. Mt 19,29, Mk 10,29, Lk 18,29).


2. Kapitel 
Von der Aufnahme und der Kleidung der Brüder

Wenn jemand auf Gottes Eingebung hin dieses Leben annehmen will und zu unseren Brüdern kommt, werde er liebevoll von ihnen aufgenommen. Wenn er nun entschlossen ist, unser Leben anzunehmen, sollen die Brüder sich sehr hüten, sich in seine zeitlichen Angelegenheiten einzumischen-, vielmehr sollen sie ihn bei ihrem Minister vorstellen, so schnell sie können. 
Der Minister aber nehme ihn liebevoll auf und bestärke ihn und erkläre ihm sorgfältig die Eigenart unseres Lebens. 
Ist das geschehen, dann soll der Genannte, wenn er will und vom Geist erfüllt es ungehindert kann, all seine Habe verkaufen und das alles unter die Armen zu verteilen suchen. Hüten sollen sich die Brüder und der Minister der Brüder, daß sie sich in keiner Weise in seine Angelegenheiten einmischen; und sie sollen keinerlei Geld annehmen, weder er allein noch durch eine Mittelsperson. Wenn die Brüder jedoch Mangel leiden, können sie andere lebensnotwendige Dinge, Geld ausgenommen, der Notlage wegen, wie andere Arme annehmen. Und wenn er wieder zurückkommt, soll der Minister ihm die Kleidung für die Probezeit auf ein Jahr gewähren, nämlich zwei Habite ohne Kapuze und einen Gürtelstrick und Hosen und einen Kaparon bis zum Gürtel. 
Ist aber Jahr und Frist der Probezeit beendet, soll er zum Gehorsam angenommen werden.Danach soll es ihm nicht erlaubt sein, in einen anderen Orden einzutreten, noch "sich außerhalb des Gehorsams herumzutreiben", entsprechend der Anordnung des Herrn Papstes und gemäß dem Evangelium, denn "keiner, der die Hand an den Pflug legt und rückwärts schaut, ist für das Reich Gottes geeignet" (Lk 9,62). 
Wenn nun aber jemand kommt, der seine Habe nicht ungehindert weggeben kann und doch das vom Geist erfüllte Wollen hat, so soll er seine Habe verlassen, und das genügt für ihn. 
Niemand darf aufgenommen werden gegen Vorschrift und Anordnung der heiligen Kirche. Die anderen Brüder aber, die den Gehorsam versprochen haben, sollen einen Habit mit Kapuze und, wenn es notwendig würde, einen anderen ohne Kapuze haben, und auch den Gürtelstrick und die Hosen. Und alle Brüder sollen geringwertige Kleidung tragen und sollen sie mit grobem Tuch und anderen Tuchstücken verstärken können mit Gottes Segen. Denn der Herr sagt im Evangelium: "Die kostbare Kleider tragen und üppig leben" (Lk 7,25) und "die sich weichlich kleiden, sind an den Höfen der Könige" (Mt 11, 8). Und mag man sie auch Heuchler nennen, so sollen sie doch nicht aufhören, gut zu handeln, und sie sollen auch nicht nach teurer Kleidung verlangen in dieser Weltzeit, damit sie das Kleid im Himmelreich erhalten können.


3. Kapitel
Vom Göttlichen Offizium und vom Fasten

Der Herr sagt: "Diese Art böser Geister kann nur durch Fasten und Gebet ausgetrieben werden" (vgl. Mk 9,28). Und wieder-um: "Wenn ihr fastet, dann werdet nicht wie traurige Heuchler" (Mt 6,16). Daher sollen alle Brüder, seien sie Kleriker oder Laien, das Göttliche Offizium, die Lobpreisungen und Gebete, verrichten, wie sie es schuldig sind zu tun. 
Die Kleriker sollen das Offizium verrichten und für Lebende und Verstorbene beten, wie es bei den Klerikern üblich ist. Und für Versagen und Nachlässigkeit der Brüder sollen sie jeden Tag: "Erbarme dich meiner, Gott" (Ps 50) mit dem Vaterunser beten. Und für die verstorbenen Vaterunser. Und an Büchern sollen sie nur die zur Erfüllung des Offiziums notwendigen haben können. Und auch den Laien, die den Psalter zu lesen verstehen, ihnen soll es erlaubt sein, einen solchen zu haben. 
Den anderen aber, die des Lesens unkundig sind, soll es nicht gestattet sein, ein Buch zu haben. Die Laien sollen beten: "Ich glaube an Gott" und vierundzwanzig Vaterunser mit "Ehre sei dem Vater" für die Matutin; für die Laudes aber fünf, für die Prim "Ich glaube an Gott" und sieben Vaterunser mit "Ehre sei dem Vater"-, für die Terz; Sext und Non, auch für jede einzelne Hore sieben; für die Vesper zwölf-, für die Komplet "Ich glaube an Gott" und sieben Vaterunser mit "Ehre sei dem Vater"; für die Verstorbenen sieben Vaterunser mit "Herr, gib ihnen die ewige Ruhe"; und für Versagen und Nachlässigkeit der Brüder jeden Tag drei Vaterunser. Und ebenso sollen alle Brüder fasten vom Fest Allerheiligen bis Weihnachten und von Epiphanie, als unser Herr Jesus Christus zu fasten begann, bis Ostern. Zu anderen Zeiten aber sollen sie diesem Leben gemäß nicht zum Fasten gehalten sein, außer am Freitag. Und es soll ihnen erlaubt sein nach dem Evangelium, von allen Speisen zu essen, die ihnen vorgesetzt werden (vgl. Lk 10, 8).


4. Kapitel 
Von den Ministern und den anderen Brüdern in ihrem Verhältnis zueinander

Im Namen des Herrn! 
Alle Brüder, die als Minister und Diener der anderen Brüder eingesetzt werden, sollen die Brüder auf die Provinzen und Niederlassungen verteilen, in denen sie sein sollen. Und sie sollen die Brüder oft aufsuchen und geistlich ermahnen und bestärken. Und alle meine anderen gebenedeiten Brüder sollen ihnen sorgfältig gehorchen in den Dingen, welche das Heil der Seele angehen und unserem Leben nicht zuwider sind. Und sie sollen sich untereinander so benehmen, wie der Herr sagt: "Alles, was ihr wünscht, daß es euch die Menschen tun, das tut auch ihr ihnen" (Mt 7,12); ferner: "Was du nicht willst, daß es dir geschehe, das tu keinem anderen an" (Tob 4,16). Und die Minister und Diener sollen eingedenk sein, daß der Herr sagt: "Ich bin nicht gekommen, bedient zu werden, sondern zu dienen" (Mt 20,28), und daß ihnen die Sorge für die Seelen der Brüder anvertraut ist. Und sollte etwas von diesen durch ihre Schuld und ihr schlechtes Beispiel verlorengehen, so werden sie am Tage des Gerichtes Rechenschaft ablegen müssen (vgl. Mt 12,36) vor dem Herrn Jesus Christus.

 

5. Kapitel 
Von der Zurechtweisung der Brüder bei Verfehlung

Darum behütet eure und der Brüder Seelen-, denn "furchtbar ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen" (Hebr 10,31). Wenn aber ein Minister einem Bruder etwas gegen unser Leben oder gegen dessen Seele befehlen sollte, darin ist der Bruder nicht verpflichtet, ihm zu gehorchen. Denn das ist nicht Gehorsam, wenn dabei ein Vergehen oder eine Sünde begangen wird. Jedoch sollen alle Brüder, die den Ministern und Dienern unterstellt sind, mit verständiger Sorgfalt auf das achten, was die Minister und Diener tun. Und wenn sie sehen, daß einer von ihnen fleischlich wandelt und nicht geistlich, wie es der Rechtheit unseres Lebens entspricht, und er sich nach der dritten Ermahnung nicht bessert, dann sollen sie, ohne sich durch irgendeinen Widerspruch abbringen zu lassen, auf dem Pfingstkapitel dem Minister und Diener der gesamten Brüderschaft Bericht erstatten. Wenn sich aber irgendwo unter den Brüdern ein Bruder fände, der fleischlich und nicht geistlich wandeln wollte, dann sollen die Brüder, mit denen er zusammen ist, ihn in Demut und Sorgfalt ermahnen, ihn aufmerksam machen und zur Rede stellen. 
Wenn nun jener sich nach dreimaliger- Emahnung nicht bessern wollte, dann sollen sie ihn so bald wie möglich zu seinem Minister und Diener schicken oder ihn demselben anzeigen. Und der Minister und Diener soll so mit ihm verfahren, wie er es vor Gott am besten erachtet. Und hüten sollen sich alle Brüder, sowohl die Minister und Diener als auch die anderen, wegen der Sünde oder der Übeltat eines anderen in Verwirrung oder Zorn zu geraten. Denn der Teufel will durch die Sünde eines einzelnen viele verderben. 
Vielmehr sollen sie, so gut sie können, dem, der gesündigt hat, geistlichen Beistand leisten; denn "nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken" (vgl. Mt 9,12 mit Mk 2,17). Ebenso 120 soll hierbei kein Bruder eine Machtstellung oder ein Herrscheramt innehaben, vor allem nicht unter den Brüdern selbst. Denn wie der Herr im Evangelium sagt: Die Fürsten der Völker herrschen über diese, und die die Größeren sind, üben Macht unter ihnen aus" (Mt 20,25), so soll es unter den Brüdern nicht sein (vgl. Mt 20,26a). Und wer auch immer "der Größere unter ihnen werden will, der sei ihr Diener" (vgl. Mt 20,26b) und Knecht. Und wer der Größere unter ihnen ist, werde wie der Geringere (vgl. Lk 22,26). Und kein Bruder soll einem anderen Böses tun oder Böses sagen. Ja, vielmehr sollen sie durch die Liebe des Geistes einander freiwillig dienen und gehorchen (vgl. Gal 5,13). Und das ist der wahre und heilige Gehorsam unseres Herrn Jesus Christus. Und alle Brüder, sooft sie "von den Geboten des Herrn abweichen" und sich außerhalb des Gehorsams herumtreiben, wie der Prophet sagt (Ps 118,21), sollen wissen, daß sie verflucht sind außerhalb des Gehorsams, soweit sie wissentlich in dieser Sünde bleiben. Und wenn sie ausgeharrt haben in den Geboten des Herrn, die sie um des heiligen Evangeliums und ihres eigenen Lebens willen versprochen haben, sollen sie wissen, daß sie im wahren Gehorsam verweilen und vom Herrn gesegnet sind.


6. Kapitel 
Von der Zufluchtnahme der Brüder bei den Ministern, 
und daß kein Bruder "Prior" genannt werden soll

Wenn Brüder, an welchen Orten auch immer sie sind, unser Leben nicht beobachten können, sollen sie, so schnell sie können, zu ihrem Minister Zuflucht nehmen und ihm dies mitteilen.Der Minister aber bemühe sich, so für sie zu sorgen, wie er selbst wünschte, daß ihm geschähe, wenn er in einer ganz ähnlichen Lage wäre (vgl. Mt 7,12). Und keiner soll "Prior" genannt werden, sondern alle sollen schlechthin "Mindere Brüder" heißen. Und einer wasche des anderen Füße (vgl. Joh 13,14).


7. Kapitel 
Von der Weise zu dienen und zu arbeiten

Keiner der Brüder, an welchen Orten auch immer sie bei anderen verweilen, um zu dienen oder zu arbeiten, soll Kämmerer oder, Kanzler sein, noch Oberhaupt eine leitende Stelle in den Häusern innehaben, in denen sie dienen. Auch sollen sie kein Amt Übernehmen, das Ärgernis hervorrufen oder "ihrer Seele Schaden zufügen würde" (vgl. Mk 8,36). Sie sollen vielmehr die Minderen und allen untergeben sein, die im gleichen Hause sind. Und die Brüder, die arbeiten können, sollen arbeiten und das Handwerk ausüben, das sie verstehen, wenn es nicht gegen das Heil der Seele ist und ehrbar ausgeübt werden kann. Denn der Prophet sagt: "Den Lohn der Mühen deiner Hände wirst du genießen; glücklich bist du, und es wird dir wohl ergehen" (Ps 127,2). Und der Apostel: "Wer nicht arbeiten will, soll nicht essen" (vgl. 2 Thess 3, 10). Und: "Jeder soll" bei dem Handwerk und Dienst bleiben, "zu dem er berufen wurde" (vgl. 1 Kor 7,24). Und für die Arbeit können sie alles Notwendige annehmen außer Geld. Und wenn es notwendig würde, mögen sie um Almosen gehen wie andere Arme. Und es soll ihnen erlaubt sein, Werkzeug und Gerät zu haben, das für ihr Handwerk geeignet ist. Alle Brüder "sollen sich bemühen, mit Eifer gute Werke zu verrichten", denn es steht geschrieben: "Sei immer dabei, etwas Gutes zu tun, damit der Teufel dich beschäftigt finde". Und ebenso: "Müßiggang ist der Seele Feind". Daher müssen die Knechte Gottes immer dem Gebete oder irgendeiner guten Tätigkeit obliegen. 
Hüten sollen sich die Brüder, wo auch immer sie in Einsiedeleien oder an anderen Orten sind, daß sie einen Ort sich aneignen und einem anderen streitig machen . Und mag zu ihnen kommen, wer da will, Freund oder Feind, Dieb oder Räuber, so soll er gütig aufgenommen werden. Und wo immer die Brüder auch sind und an welchem Orte sie sich treffen, müssen sie sich geistlich und aufmerksam wiedersehen und "einander ohne Murren" (1 Petr 4,9) ehren. Und sie mögen sich hüten, sich nach außen hin traurig und wie düstere Heuchler zu zeigen; sie sollen sich vielmehr als solche zeigen, "die sich im Herrn freuen" (vgl. Phil 4,4)1 und heiter und liebenswürdig sind, wie es sich geziemt.


8. Kapitel 
Daß die Brüder kein Geld annehmen sollen

Der Herr befiehlt im Evangelium: "Gebt acht, hütet euch vor jeglicher Bosheit und Habsucht" (vgl. Lk 12,15); und: "Seid auf der Hut vor dem geschäftigen Treiben dieser Welt und den Sorgen dieses Lebens" (vgl. Lk 21,34). Darum soll kein Bruder, wo immer er auch sein mag und wohin immer er geht, Geld oder Münzen auch nur irgendwie aufheben oder annehmen oder annehmen lassen, weder für Kleidung noch für Bücher noch als Lohn für eine Arbeit, nein, unter keinem Vorwand, es sei denn wegen der offenkundigen Notlage kranker Brüder; denn Geld oder Münzen dürfen für uns keinen größere Nutzen haben, und wir dürfen sie nicht höher schätzen als Steine. Und jene will der Teufel verblenden, die nach ihm dem Geld verlangen oder es für wertvoller als Steine halten. Hüten wir uns also, die alles verlassen haben (vgl. Mt 19,27), daß wir nicht wegen etwas so Geringem das Himmelreich verlieren. Und wenn wir irgendwo Münzen finden sollten, wollen wir uns um sie nicht anders kümmern als um den Staub, den wir mit Füßen treten, denn "es ist Eitelkeit der Eitelkeiten, und alles ist eitel" (Pred 1,2). Und sollte es doch vorkommen - was ferne sei -, daß ein Bruder Geld oder Münzen sammelt oder hat ausgenommen allein die erwähnte Notlage der Kranken -, dann wollen wir Brüder alle ihn für einen falschen Bruder und Abtrünnigen und Dieb und Räuber halten und für den, der den Geldbeutel hat (Vgl. Joh 12,6), es sei denn, daß er aufrichtig Buße tue. Und unter keinen Umständen dürfen die Brüder Geld als Almosen und Münzen für irgendwelche Häuser oder Niederlassungen annehmen oder annehmen lassen oder sammeln oder sammeln lassen. Sie sollen auch niemand begleiten, der für solche Niederlassungen Geld oder Münzen sammelt.
Andere Dienste aber, die unserem Leben nicht zuwider sind, können die Brüder für die Niederlassungen mit dem Segen Gottes tun. Bei einer offenkundigen Not von Aussätzigen jedoch können die Brüder für sie Almosen sammeln. Doch sollen sie sich sehr vor dem Geld hüten. Ebenso sollen alle Brüder es vermeiden, um eines schmutzigen Gewinnes willen durch die Lande zu ziehen.


9. Kapitel 
Vom Almosenbitten

Alle Brüder sollen bestrebt sein, der Demut und Armut unseres Herrn Jesus Christus nachzufolgen. Und sie sollen daran denken, daß mir, wie der Apostel sagt, von der ganzen Welt nichts anderes nötig haben als "Nahrung und Meidung; damit sind wir zufrieden" (vgl. 1 Tim 6,8). Und sie müssen sich freuen, wenn sie mit gewöhnlichen und verachteten Leuten verkehren, mit Armen und Schwachen und Aussätzigen und Bettlern am Wege. Und wenn es notwendig wäre, mögen sie um Almosen geben. Und sie dürfen sich nicht schämen und sollen mehr daran denken, daß unser Herr Jesus "Christus, der Sohn des lebendigen Gottes" (Joh 11,27), des Allmächtigen, "sein Antlitz wie den härtesten Felsen gemacht hat" (Jes 50,7) und sich nicht geschämt hat. Und er ist arm gewesen und ein Fremdling und hat von Almosen gelebt, er selbst und die selige Jungfrau und seine Jünger. Und wenn ihnen die Menschen Schmach antun würden und ihnen kein Almosen geben wollten, dann sollen sie Gott dafür danken; denn für die Schmach werden sie große Ehre vor dem Richterstuhl unseres Herrn Jesus Christus erhalten. Und sie sollen wissen, daß die Schmach nicht denen angerechnet wird, die sie ertragen, sondern denen, die sie zufügen. Und das Almosen ist das Erbe und der gerechte Anteil, der den Armen zusteht, den unser Herr Jesus Christus uns erworben hat. Und die Brüder, die sich abmühen, es zu sammeln, werden großen Lohn erhalten und lassen die Spender gewinnen und erwerben. Denn alles, was die Menschen in der Welt zurücklassen werden, wird vergehen, aber für die Wohltätigkeit und die Almosen, die sie gegeben haben, werden sie Lohn vom Herrn erhalten. Und vertrauensvoll soll einer dem anderen seine Not offenbaren, damit er ihm das Notwendige ausfindig mache und verschaffe. Und jeder liebe und ernähre seinen Bruder, wie eine Mutter ihren Sohn liebt und ernährt (vgl. 1 Thess 2,7); dabei wird Gott ihm Gnade schenken. Und "wer nicht ißt, soll den, der ißt, nicht richten" (Röm 14, 3 b). Und wenn irgendeinmal Not über sie kommt, soll es allen Brüdern, wo auch immer sie sein mögen, erlaubt sein, sich aller Speisen zu bedienen, die Menschen essen können, wie der Herr von David sagt, der "die Schaubrote aß" (vgl. Mt 12,4), "welche niemand essen durfte als nur die Priester" (Mk 2,26). Und sie sollen beherzigen, was der Herr sagt: "Achtet aber auf euch selbst, daß eure Herzen nicht etwa durch Völlerei und Trunkenheit und Sorgen dieses Lebens beschwert werden und jener Tag auf euch unversehens hereinbreche; denn wie eine Schlinge wird er über alle kommen, die den Erdkreis bewohnen" (vgl. Lk 21,34-35). Ebenso dürfen auch alle Brüder mit dem für sie Notwendigen in Zeit offenkundiger Not verfahren, gleichwie ihnen der Herr die Gnade schenkt; denn Not hat kein Gebot.


10. Kapitel 
Von den kranken Brüdern

Wenn einer der Brüder schwer krank werden sollte, mag er sein wo immer, dann sollen die anderen Brüder ihn nicht verlassen, ohne einen oder, wenn notwendig, mehrere Brüder bestimmt zu haben, die ihm dienen, wie "sie selber bedient werden wollten" (vgl. Mt 7,12). Im äußersten Notfall jedoch können sie ihn einer Person anvertrauen, die sich seiner Krankheit annehmen soll. Und ich bitte den kranken Bruder, er möge so zu sein verlangen, wie der Herr ihn will, sei es gesund, sei es krank. Denn, alle, die Gott "zum ewigen Leben vorherbestimmt hat" (vgl. Apg 13,48), "die unterweist er durch die Stacheln von Schlägen und Krankheiten und durch den Geist der Reue", wie der Herr sagt: "Die ich liebe, die weise ich zurecht und züchtige sie" (Offb 3,19). Und wenn einer verwirrt oder zornig wird, sei es gegen Gott, sei es gegen die Brüder, oder wenn er vielleicht ungestüm Arzneien fordern wird, da er zu sehr sein Fleisch zu befreien begehrt, das bald sterben wird und ein Feind der Seele ist, dann kommt ihm das vom Bösen, und er ist fleischlich und scheint nicht zu den Brüdern zu gehören, weil er den Leib mehr liebt als die Seele.


11. Kapitel 
Daß die Brüder nicht lästern und nicht verleumden, 
sondern sich gegenseitig lieben sollen

Und alle Brüder sollen sich hüten, zu verleumden und sich in Wortgezänk einzulassen (vgl. 2 Tim 2,14); vielmehr sollen sie bemüht sein, Schweigen zu bewahren, wann immer ihnen Gott die Gnade geben wird. Auch sollen sie nicht untereinander oder mit anderen herumstreiten, sondern bemüht sein, demütig zu antworten und zu sagen: "Ich bin ein unnützer Knecht" (vgl. Lk 17, 10). Und sie sollen nicht zürnen, "weil jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gerichte verfallen sein wird. Wer zu seinem Bruder sagt: Du Taugenichts', wird dem Rate verfallen sein. Wer zu ihm sagt: Du Narr', wird der Feuerhölle verfallen sein" (Mt 5,22). Und sie sollen sich gegenseitig lieben, wie der Herr sagt: " Das ist mein Gebot, daß ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe" (Job 15,12). Und sie sollen die Liebe, die sie zueinander haben, aus den Werken zeigen (vgl. Jak 2,18), wie der Apostel sagt: "Laßt uns nicht mit dem Wort und der Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit" (1 Job 3,18). Und "sie sollen niemanden lästern" (vgl. Tit 3,2). Sie sollen nicht murren, andere nicht verleumden, denn es steht geschrieben: "Ohrenbläser und Verleumder sind Gott verhaßt" (vgl. Röm 1,29). Und sie seien bescheiden "und sollen allen Menschen alle Sanftmut erweisen" (vgl. Tit 3,2). Sie sollen nicht richten, nicht verdammen. Und wie der Herr sagt, sollen sie die geringsten Sünden anderer nicht betrachten (vgl. Mt 7,3; Lk 6,41); vielmehr sollen sie mehr die eigenen "in der Bitterkeit ihrer Seele überdenken" (Jes 38,15). Und sie sollen sich bemühen, "durch die enge Pforte einzutreten" (Lk 13,24), denn der Herr sagt: "Eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt; und nur wenige sind, die ihn finden" (Mt 7,14).


12. Kapitel 
Vom unlauteren Blick und Umgang mit Frauen

Alle Brüder, wo immer sie auch sind und wohin sie gehen, sollen sich in acht nehmen vor unlauterem Blick und Umgang mit Frauen. Und keiner soll sich allein mit ihnen beraten oder mit ihnen des Weges ziehen oder bei Tisch mit ihnen aus einer Schüssel essen. Die Priester sollen ehrbar mit ihnen sprechen, wenn sie ihnen die Buße auferlegen oder ihnen sonst einen geistlichen Rat geben. Und auf keinen Fall darf eine Frau von einem Bruder in ein Gehorsamsverhältnis aufgenommen werden, sondern nachdem ihr ein geistlicher Rat erteilt worden ist, mag sie Buße tun, wo sie will. Und wir wollen uns alle sehr in acht nehmen und alle unsere Glieder rein bewahren, denn der Herr sagt: "Wer eine Frau anschaut, um sie zu begehren, hat schon in seinem Herzen Ehebruch an ihr begangen" (Mt 5,28); und der Apostel: "Oder wißt ihr nicht, daß eure Glieder ein Tempel des Heiligen Geistes sind?" (vgl. 1 Kor 6,19). Wer daher "den Tempel Gottes entweiht, den wird Gott vernichten" (1 Kor 3,17).


13. Kapitel 
Vom Meiden der Unzucht

Wenn ein Bruder auf Anreiz des Teufels Unzucht treiben sollte, dann soll man ihm den Habit ausziehen, den er durch seine abscheuliche Freveltat verloren hat, und er soll den Habit völlig ablegen und vollends aus unserem Orden ausgestoßen werden. Und danach mag er Buße tun für die Sünden (vgl. 1 Kor 5,4-5).


14. Kapitel 
Wie die Brüder durch die Welt ziehen sollen

Wenn die Brüder durch die Welt ziehen, sollen sie nichts auf dem Weg mit sich führen, weder (vgl. Lk 9,3) Beutel (vgl. Lk 10,4) "noch Tasche noch Brot noch Geld (vgl. Lk 9,3) noch Stab" (vgl. Mt 10, 10). Und wenn sie irgendein Haus betreten, sollen sie zuerst sagen: "Friede diesem Hause!" (vgl. Lk 10,5). Und sie mögen in diesem Hause bleiben und essen und trinken, "was es Der ihnen gibt" (vgl. Lk 10,7). Sie sollen dem Bösen nicht widerstehen (vgl. Mt 5,39), sondern wenn sie jemand auf die eine Wange schlägt, sollen sie auch die andere hinhalten (vgl. Mt 5,39, Lk 6,29). Und "wer ihnen das Kleid wegnimmt, dem sollen sie auch das Hemd" nicht verweigern (vgl. Lk 6,29). "Jedem, der sie um etwas bittet", sollen sie geben-, "und wer das Ihrige wegnimmt", von dem sollen sie es nicht zurückfordern (vgl. Lk 6,30).


15. Kapitel 
Daß die Brüder nicht reiten sollen

Ich gebiete allen meinen Brüdern, Klerikern wie Laien, mögen sie durch die Welt ziehen oder in Niederlassungen weilen, auf keine Weise bei sich oder bei einem anderen oder auf irgendeine andere Weise ein Tier zu halten. Es soll ihnen auch nicht gestattet sein zu reiten, wenn sie nicht durch Schwäche oder große Not dazu gezwungen sind.


16. Kapitel 
Von denen, die unter die Sarazenen und andere Ungläubige gehen wollen

Der Herr sagt: "Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe. " Seid daher "klug wie Schlangen und einfältig wie Tauben" (Mt 10, 16). Daher soll jeder Bruder, der unter die Sarazenen und andere Ungläubige gehen will, mit der Erlaubnis seines Ministers und Dieners gehen. Und der Minister soll ihnen ohne Widerspruch die Erlaubnis geben, wenn er sieht, daß sie tauglich sind, geschickt zu werden; denn er wird dem Herrn Rechenschaft ablegen müssen (vgl. Lk 16,2), wenn er hierin oder in anderen Dingen unüberlegt vorgegangen ist. 
Die Brüder aber, die hinausziehen, können in zweifacher Weise unter ihnen geistlich wandeln. Eine Art besteht darin, daß sie weder Zank noch Streit beginnen, sondern "um Gottes willen jeder menschlichen Kreatur" (1 Petr 2,13) untertan sind und bekennen, daß sie Christen sind. Die andere Art ist die, daß sie, wenn sie sehen, daß es dem Herrn gefällt, das Wort Gottes verkünden: sie sollen glauben an den allmächtigen Gott, den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist, den Schöpfer aller Dinge, an den Sohn, den Erlöser und Retter, und sie sollen sich taufen lassen und Christen werden; denn "wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geiste, kann er nicht in das Reich Gottes eingehen" (vgl. Joh 3,4).
Dieses und anderes, was dem Herrn wohlgefällig ist, können sie ihnen und anderen sagen, denn der Herr sagt im Evangelium: "Jeder, der mich vor den Menschen bekennen wird, den werde auch ich vor meinem Vater bekennen, der im Himmel ist" (Mt 19,32). Und: "Wer sich meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er in seiner und des Vaters und der Engel Herrlichkeit kommen wird" (vgl. (Lk 9,26). Und alle Brüder, wo auch immer sie sind, sollen bedenken, daß sie sich dem Herrn Jesus Christus übergeben und ihm ihre Leiber überlassen haben. Und um seiner Liebe willen müssen sie sich den sichtbaren wie den unsichtbaren Feinden aussetzten; denn der Herr sagt: "Wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es retten" (vgl. Lk 9,24) "zum ewigen Leben" (Mt 25,46). "Selig, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen, denn ihrer ist das Himmelreich" (Mt 5, 10). "Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen" (Joh 15,20). Wenn sie "euch in einer Stadt verfolgen, flieht in eine andere" (vgl. Mt 10, 23). "Selig seid ihr (Mt 5, 1 1), wenn euch die Menschen hassen (Lk 6,22) und euch schmähen und verfolgen (vgl. Mt 5, 1 1) und euch ausstoßen und verhöhnen und euren Namen als bös verwerfen (Lk 6,22) und wenn sie euch alles Schlechte fälschlich nachsagen um meinetwillen (Mt 5,11). 
Freut euch an jenem Tage und frohlocket (Lk 6,23), denn reich ist euer Lohn im Himmel" (vgl. Mt 5,12). Und ich sage "euch, meinen Freunden: Laßt euch von diesen nicht erschrecken (vgl. Lk 12,4) und fürchtet jene nicht, die den Leib töten" (Mt 10,28) "und darüber hinaus nichts haben, was sie tun könnten" (Lk 12,4). "Seht zu, daß ihr nicht in Verwirrung geratet" (Mt 24,6). Denn in eurer Geduld werdet ihr eure Seelen besitzen (Lk 21,19). Und "wer ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden" (Mt 10,22; 24,13).

17. Kapitel 
Von den Predigern

Kein Bruder soll predigen gegen Vorschrift und Anordnung der heiligen Kirche und nur, wenn es ihm von seinem Minister erlaubt ist. Und der Minister möge sich hüten, jemandem unüberlegt die Erlaubnis zu erteilen. Alle Brüder sollen jedoch durch die Werke predigen. Und kein Minister oder Prediger soll das Amt des Ministers der Brüder oder das Predigtamt sich aneignen, sondern zu jeder Stunde, wenn es ihm befohlen wird, soll er ohne jeden Widerspruch auf sein Amt verzichten. Daher bitte ich in der Liebe, die Gott ist (vgl. 1 Joh 4,16), alle meine Brüder, die predigen, beten, arbeiten, sowohl die Kleriker wie die Laien, daß sie danach trachten, sich in allem zu verdemütigen, sich nicht zu rühmen, weder selbstgefällig zu sein, noch innerlich sich zu erheben wegen guter Worte und Werke, überhaupt über gar nichts Gutes, das Gott bisweilen in ihnen und durch sie tut oder spricht und wirkt gemäß dem Wort des Herrn: "Doch freut euch nicht darüber, daß euch die Geister unterworfen sind" (Lk 10,20). Und wir sollen fest überzeugt sein, daß nur Laster und Sünden zu uns gehören. Und wir müssen uns mehr freuen, "wenn wir in mancherlei Versuchungen geraten" sollten (vgl. Jak 1,2) und wenn wir in dieser Welt um des ewigen Lebens willen vielerlei Ängste und Trübsale an Seele und Leib ertragen sollten.
Darum wollen wir Brüder uns alle hüten vor allem Stolz und eitler Ruhmsucht. Und wir wollen uns in acht nehmen vor der Weisheit dieser Welt und vor "der klugheit des Fleisches" (Röm 8,6). Denn der Geist des Fleisches drängt und treibt sehr an, Worte zu machen, wenig aber zum Wirken. Und er sucht nicht Frömmigkeit und Heiligkeit in der Innerlichkeit des Geistes, sondern will und ersehnt, eine Frömmigkeit und Heiligkeit zu haben, die nach außen hin den Menschen etwas vormacht. Und das sind jene, von denen der Herr sagt: "Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn empfangen" (Mt 6,2). Der Geist des Herrn aber will, daß das Fleisch abgetötet und verachtet, niedrig und verächtlich sei. Und er treibt an zu Demut und Geduld und zu dem reinen und einfältigen und wahren Frieden des Geistes. Und über alles ersehnt er stets die Furcht Gottes und die Weisheit Gottes und die Liebe Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Und alles Gute wollen wir dem Herrn, dem erhabensten und höchsten Gott, zurückerstatten und alles Gute als sein Eigentum anerkennen und ihm für alles Dank sagen, "von dem alles Gute herkommt". Und er, der erhabenste und höchste, der einzig wahre Gott, möge erhalten, und ihm sollen erwiesen werden, und er möge empfangen alle Ehren und Ehrerweisungen, alle Lobpreisungen und Benedeiungen, allen Dank und alle Herrlichkeit, er, dem jegliches Gute gehört, der allein gut ist (vgl. Lk 18,19). Und wenn wir sehen oder hören, [daß Menschen] Böses sagen oder tun oder Gott lästern, dann wollen wir Gutes sagen und Gutes tun und Gott loben (vgl. Röm 12, 21), "der gepriesen ist in Ewigkeit" (Röm 1,25).


18. Kapitel 
Wie die Minister zusammenkommen sollen 

Alljährlich kann jeder Minister mit seinen Brüdern am Feste des heiligen Erzengels Michael zusammenkommen, wo nur immer es Ihnen beliebt, um das zu behandeln, was sich auf Gott bezieht. Alle Minister nämlich, die in den Gebieten jenseits des Meeres und jenseits der Alpen sind, sollen einmal in drei Jahren und die anderen Minister einmal im Jahr zum Pfingstkapitel bei der Kirche der heiligen Maria von Portiunkula kommen, wenn es nicht vom Minister und Diener der gesamten Brüderschaft anders angeordnet würde.


19. Kapitel 
Daß die Brüder katholisch leben sollen

Alle Brüder sollen katholisch sein, katholisch leben und reden. Wenn aber einer in Wort oder Werk vom katholischen Glauben und Leben abirren sollte und sich nicht bessern würde, soll er aus unserer Brüderschaft gänzlich ausgestoßen werden. Und alle Kleriker und alle Ordensleute sollen wir als Herren betrachten in den Dingen, die das Heil der Seele angehen und nicht von unserem Orden abweichen. Und ihrer Weihe und ihrem Amt und Dienst wollen wir im Herrn Ehrfurcht erweisen.


20. Kapitel 
Von der Buße und dem Empfang des Leibes 
und Blutes unseres Herrn Jesus Christus

Und meine gebenedeiten Brüder, seien sie Kleriker oder Laien, sollen ihre Sünden Priestern unseres Ordens beichten. Und wenn sie das nicht können, mögen sie bei anderen besonnenen und katholischen Priestern beichten; dabei sollen sie fest wissen und beachten: von welchen katholischen Priestern auch immer sie Buße und Lossprechung erhalten haben, sie sind ohne Zweifel von diesen Sünden losgesprochen, wenn sie sich bemüht haben, die ihnen auferlegte Buße demütig und getreu zu verrichten. Wenn sie aber gerade keinen Priester haben können, mögen sie ihrem Bruder beichten, wie der Apostel Jakobus sagt: "Bekennt einander eure Sünden" (Jak 5,16). Doch dürfen sie deswegen nicht unterlassen, sich an einen Priester zu wenden, weil die Binde- und Lösegewalt allein den Priestern übertragen ist. Und nach solcher Reue und Beichte sollen sie den Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus mit großer Demut und Verehrung empfangen, eingedenk, daß der Herr sagt: "Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben" (vgl. Joh 6,55); und: "Tut dies zu meinem Gedächtnis" (Lk 22,19).


21. Kapitel 
Von der Lob- und Mahnrede, die alle Brüder halten können

Und diese oder eine ähnliche Mahn- und Lobrede können alle meine Brüder mit Gottes Segen bei allen Leuten halten, wann immer sie es für gut finden: Fürchtet und ehret, lobet und benedeiet, "saget Dank" (1 Thess 5,18) und betet an den Herrn, den allmächtigen Gott in der Dreifaltigkeit und Einheit, den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist, den Schöpfer aller Wesen. Tut Buße (vgl. Mt 3,2), bringt würdige Früchte der Buße (vgl. Lk 3,8), denn wir werden bald sterben. "Gebt, und es wird euch gegeben werden" (Lk 6,38). "Vergebt, und es wird euch vergeben werden" (vgl. Lk 6,37). "Und wenn ihr den Menschen ihre Sünden nicht vergebt" (Mt 6,14), wird der Herr "euch eure Sünden nicht vergeben" (Mk 11,25). Bekennt alle eure Sünden (vgl. Jak 5,16). Selig, die in Buße sterben, denn sie werden im Himmelreich sein. 
Wehe jenen, die nicht in Buße sterben, denn sie werden "Kinder des Teufels" (1 Joh 3, 10) sein, dessen Werke sie tun (vgl. Joh 8,41), und sie werden "in das ewige Feuer" kommen (Mt 18,8, 25,41). Nehmt euch in acht und hütet euch vor allem Bösen und harret aus im Guten bis ans Ende.


22. Kapitel 
Von der Ermahnung der Brüder

Geben wir acht, wir Brüder alle, was der Herr sagt: "Liebet eure Feinde und tut denen Gutes, die euch hassen" (vgl. Mt 5,44 par.); denn unser Herr Jesus Christus, dessen Fußspuren wir folgen müssen (vgl. 1 Petr 2,21), hat seinen Verräter Freund genannt (vgl. Mt 26,50) und sich freiwillig denen überliefert, die ihn kreuzigten. Darum sind alle jene unsere Freunde, die uns ungerechterweise Drangsal und Ängste, Schmach und Unrecht, Schmerzen und Qualen, Marter und Tod antun; und diese müssen wir sehr lieben, weil wir für das, was sie uns antun, das ewige Leben erlangen. Und hassen wollen wir unseren Leib mit seinen Lastern und Sünden; denn durch ein fleischliches Leben will der Teufel uns die Liebe Jesu Christi und das ewige Leben rauben und sich selbst mit allen in die Hölle stürzen. Denn durch unsere Schuld sind wir abscheulich, erbärmlich und dem Guten zuwider, zum Bösen aber bereit und willig, weil, wie der Herr im Evangelium sagt, "aus dem Herzen hervorkommen und ausgehen: böse Gedanken, Ehebrüche, Unzucht, Mordtaten, Diebstähle, Habsucht, Bosheit, Arglist, Schamlosigkeit, Scheelsucht, falsche Zeugnisse, Gotteslästerung, Torheit" (vgl. Mk 7,21- 8 22-, Mt 15,19). "All dies Böse kommt von innen aus dem Herzen des Menschen" (vgl. Mk 7,23), "und dies ist es, was den Menschen unrein macht" (Mt 15,20). 
Jetzt aber, nachdem wir die Welt verlassen haben, sind wir verpflichtet, nichts anderes zu tun, als dem Willen des Herrn zu folgen und ihm allein zu gefallen. Wir wollen uns sorgfältig davor hüten, Erdreich am Wege zu sein oder steiniges oder dornenbewachsenes Erdreich, gemäß dem, was der Herr im Evangelium sagt: "Der Same ist das Wort Gottes. Was aber an den Weg hinfiel und zertreten wurde, das sind jene, die das Wort hören und nicht verstehen ; und sofort kommt der Teufel und raubt , was in ihre Herzen gesät ist , und nimmt das Wort aus ihren Herzen, damit sie nicht glauben und gerettet werden. 
Was aber auf steiniges Erdreich fiel, das sind jene, die, wenn sie das Wort gehört haben, es sofort mit Freude aufnehmen. Kommen aber um des Wortes willen Trübsal und Verfolgung, so nehmen sie sofort Anstoß; und diese haben keine Wurzel in sich, sondern sind unbeständig, weil sie eine Zeitlang glauben und in der Zeit der Versuchung abfallen. Was aber in die Dornen fiel, das sind jene, die das Wort Gottes hören, und das geschäftige Treiben und die Sorgen dieser Welt und der Trug des Reichtums und die Begierden nach den übrigen Dingen schleichen sich ein und ersticken das Wort, und sie bleiben ohne Frucht. Was aber in gutes Erdreich gesät ist, das sind jene, die mit gutem und bestem Herzen das Wort hören, es verstehen und festhalten und Frucht bringen in Beharrlichkeit". Und darum wollen wir Brüder, wie der Herr sagt, "die Toten ihre Toten begraben lassen". Und wir wollen uns sehr hüten vor der Bosheit und Durchtriebenheit Satans, der will, daß der Mensch seinen Sinn und sein Herz nicht bei Gott habe. Und er geht umher und möchte das Herz des Menschen durch den Blick auf eine Belohnung oder eine Hilfe rauben und das Wort und die Weisungen des Herrn im Gedächtnis ersticken. Und er will durch weltliche Geschäfte und Sorgen das Herz des Menschen blind machen und darin Wohnung nehmen, wie der Herr sagt: "Wenn der unreine Geist von einem Menschen ausgefahren ist, schweift er durch öde (Mt 12,43) und wasserlose Orte, Ruhe suchend; und da er sie nicht findet, spricht er: Ich will in mein Haus zurückkehren, von dem ich ausgegangen bin (Lk 11,24). Und er kommt und findet es leer, mit Besen gesäubert und geschmückt (Mt 12,44). Und er geht hin und nimmt noch sieben andere Geister hinzu, die schlimmer sind als er selbst; und sie ziehen ein und wohnen darin, und die letzten Dinge dieses Menschen sind ärger als die ersten" (vgl. Lk 11,26).
Darum, ihr Brüder alle, wollen wir uns sehr davor hüten, daß wir nicht durch den Blick auf eine Belohnung oder ein Werk oder eine Hilfe unsere Seele und das Herz verlieren oder vom Herrn abwenden. Vielmehr bitte ich in der heiligen Liebe, die Gott ist (vgl. 1 Joh 4,16), daß alle Brüder, sowohl die Minister als auch die anderen, sich mühen, alle Hindernisse zu beseitigen und alle Sorge und Besorgnis hintanzustellen, und, wie nur immer sie besser können, mit geläutertem Herzen und reinem Sinn Gott dem Herrn zu dienen, ihn zu lieben, zu ehren und anzubeten; und dies sucht er selbst über alle Maßen. Und immer wollen wir ihm dort Wohnung und Bleibe bereiten (vgl. Joh 14,23), der da ist der Herr, der allmächtige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist, der sagt: "Seid daher allezeit wachsam im Gebet, damit ihr würdig befunden werdet, allem Unheil, das kommen wird, zu entgehen und vor dem Menschensohn zu stehen" (Lk 21,36). "Und wenn ihr steht zum Gebete (MK 11,25), dann sprecht (Lk 11,2): Vater unser, der du bist in den Himmeln" (Mt 6,9). Und wir wollen ihn anbeten mit reinen Herzen, "denn man muß immer beten und nicht nachlassen" (Lk 18, 1); "denn der Vater sucht solche" Anbeter. "Gott ist ein Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten" (vgl. Joh 4,23-24). Und zu ihm wollen wir unsere Zuflucht nehmen so wie "zum Hirten und Bischof unserer Seelen" (1 Petr 2,25), der sagt: "Ich bin der gute Hirt, der ich meine Schafe weide und mein Leben für meine Schafe gebe". Ihr alle seid Brüder. Und laßt euch nicht Vater nennen auf Erden, einer nur ist nämlich euer Vater, der im Himmel ist. Und laßt euch auch nicht Meister nennen"; denn nur einer ist euer Meister, der im Himmel ist (vgl. Mt 23,8-10). "Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann mögt ihr erbitten, was immer ihr..wollt, und es wird euch zuteil werden" (Job 15,7). "Überall, wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen" (Mt 18,20). "Seht, ich bin bei euch bis zur Vollendung der Welt" (Mt 28,20). "Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und Leben" (Jo 6,64). "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Job 14,6).
Laßt uns also die Worte, das Leben und die Lehre und das heilige Evangelium dessen festhalten, der sich herabgelassen hat, für uns seinen Vater zu bitten und uns seinen Namen kundzutun, indem er sprach: " Vater, verherrliche deinen Namen" (Job 12,28a) und "verherrliche deinen Sohn, damit dein Sohn dich verherrliche" (Job 17, lb). Vater, "ich habe deinen Namen den Menschen kundgetan, die du mir gegeben hast" (Job 17,6). "Ich habe die Worte, die du mir gegeben hast, ihnen gegeben. Und sie haben sie angenommen und haben erkannt, daß ich von dir ausgegangen bin, und haben geglaubt, daß du mich gesandt hast. Ich bitte für sie, nicht für die Welt, sondern für die, welche du mir gegeben hast, denn sie sind dein, und all das Meine ist dein" (Job 17,8-10). "Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie auch wir" (Job 17,llb). "Dies sage ich in der Welt, damit sie die Freude in sich selber haben. Ich habe ihnen dein Wort anvertraut; aber die Welt hat sie gehaßt, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin. Ich bitte nicht, du mögest sie aus der Welt herausnehmen, sondern du mögest sie vor dem Bösen bewahren" (Job 17,13b-15). Verherrliche "sie in der Wahrheit. Dein Wort ist Wahrheit.
Wie du mich in die Welt gesandt hast, habe auch ich sie in die Welt gesandt. Und für sie weihe ich mich selbst, damit sie in Wahrheit geweiht seien. Nicht für sie allein bitte ich, sondern für jene, die auf ihr Wort hin an mich glauben werden (vgl. Job 17,17-20), damit sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, daß du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast" (Job 17,23). "Und ich will ihnen deinen Namen kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen sei Und wo ich in ihnen" (vgl. Job 17,26). "Vater, ich will, daß, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie deine Herrlichkeit schauen (Job 17,24) in deinem Reiche" (Mt 20,21). Amen.


23. Kapitel 
Gebet und Danksagung

Allmächtiger, heiligster, erhabenster, höchster Gott, heiliger und gerechter Vater (Job 17,11), Herr, König "des Himmels und der Erde" (vgl. Mt 11,25), wir sagen dir Dank um deiner selbst willen, weil du durch deinen heiligen Willen und durch deinen einzigen Sohn mit dem Heiligen Geiste alles Geistige und Körperliche geschaffen und uns, geformt "nach deinem Bild und deiner Ähnlichkeit, ins Paradies gestellt hast" (vgl. Gen 1,26. 2.15). Und durch unsere eigene Schuld sind wir gefallen. Und wir sagen dir Dank, weil du, gleichwie du uns durch deinen Sohn erschaffen hast, so durch deine heilige Liebe, "mit der du uns geliebt hast" (vgl. Job 17,26), ihn selbst als wahren Gott und wahren Menschen aus der glorreichen, allerseligsten, immerwährenden Jungfrau, der heiligen Maria, hast geboren werden lassen, und weil du durch sein Kreuz und sein Blut und seinen Tod uns, die gefangen waren, hast erlösen wollen. Und wir sagen dir Dank, weil er, dein Sohn, kommen wird in der Herrlichkeit seiner Majestät, um die Verdammten, die nicht Buße getan und dich nicht erkannt haben, ins ewige Feuer zu stürzen, und um allen, die dich erkannt und angebetet und dir in Buße gedient haben, zu sagen: "Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters, nehmt das Reich in Besitz, das euch bereitet ist vom Anbeginn der Welt" (vgl. Mt 25,34). Und da wir Elenden und Sünder allesamt nicht würdig sind, dich zu nennen, so bitten wir flehentlich, unser Herr Jesus Christus, dein geliebter Sohn, "an dem du dein Wohlgefallen hast" (vgl. Mt 17,5), möge mit dem Heiligen Geiste, dem Tröster, dir für alles Dank sagen, wie es dir und ihm gefällt-, er ist es ja, der dir stets für alles zur Genüge ist, durch den du uns so viel gegeben hast. Alleluja. Und die glorreiche, allerseligste, allzeit jungfräuliche Mutter Maria, die seligen Michael, Gabriel und Raphael und alle Chöre der seligen Seraphim, Cherubim, Thronen, Herrschaften, Fürstentümer, Gewalten (vgl. Kol 1, 15), Mächte, Engel, Erzengel, den seligen Johannes den Täufer, Johannes den Evangelisten, Petrus, Paulus und die seligen Patriarchen, die Propheten, die Unschuldigen Kinder, die Apostel, Evangelisten, Jünger, Märtyrer, Bekenner, Jungfrauen, die seligen Elias und Henoch und alle Heiligen, die waren und sein werden und sind, bitten wir um deiner Liebe willen in Demut, daß sie so, wie es dir gefallt, für all das Dank sagen dir, dem höchsten, wahren Gott, dem ewigen und lebendigen, mit deinem vielgeliebten Sohn, unserem Herrn Jesus Christus und dem Heiligen Geiste, dem Tröster, "von Ewigkeit zu Ewigkeit" (Offb 19,3). Amen. Alleluja (Offb 19,4). Und alle, die in der heiligen, katholischen und apostolischen Kirche Gott dem Herrn dienen wollen, und alle folgenden Stände: die Priester, Diakone, Subdiakone, Akolythen, Exorzisten, Lektoren, Ostiarier und alle Kleriker, alle Ordensmänner und Ordensfrauen, alle Konversen und Kinder, die Armen und Notleidenden, die Könige und Fürsten, die Arbeiter und Bauern, die Knechte und die Herren, alle Jungfrauen, sowohl die Enthaltsamen, wie die verheirateten Frauen, die Laien, Männer und Frauen, alle Unmündigen, Heranwachsenden, Erwachsenen und Greise, Gesunde und Kranke, alle kleinen und Großen und alle Völker, Geschlechter, Stämme und Sprachen (vgl. Offb 7,9), alle Nationen und alle Menschen, wo nur immer auf Erden, die sind und sein werden, bitten wir Minderen Brüder alle, "wir unnützen Knechte" (Lk 17, 10), demütig und flehen sie an, wir möchten doch alle im wahren Glauben und in der Buße ausharrend, denn anders kann niemand gerettet werden. Laßt uns alle "aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, aus ganzer Gesinnung, aus aller Kraft (vgl. Mk 12,30) und Stärke, mit ganzem Verstand (vgl. Mk 12,33), mit allen Kräften" (vgl. Lk 10,27), mit ganzer Anstrengung, mit ganzer Zuneigung, mit unserem ganzen Inneren, mit allen Wünschen und aller Willenskraft "Gott den Herrn" (Mk 12,30 par.) lieben, der uns allen den ganzen Leib, die ganze Seele und das ganze Leben geschenkt hat und schenkt, der uns erschaffen hat, erlöst hat und uns einzig durch sein Erbarmen retten wird (vgl. Tob 13,5), der uns Elenden und Armseligen, Üblen und Abscheulichen, Undankbaren und Bösen alles Gute erwiesen hat und erweist. Nichts anderes wollen wir darum ersehnen, nichts anderes wollen, nichts anderes soll uns gefallen und erfreuen als unser Schöpfer und Erlöser und Retter, der alleinige wahre Gott, der ist die Fülle des Guten, alles Gute, das gesamte Gute, das wahre und höchste Gut, der allein gut ist (vgl. Lk 18,19), gnädig, gütig, milde und freundlich, der allein heilig ist, gerecht, wahr, heilig und einfach, der allein gütig, uneigennützig, rein ist, von dem und durch den und in dem alle Vergebung, alle Gnade, alle Herrlichkeit für alle Bußetuenden und Gerechten, für alle Glückseligen, die sich im Himmel mitfreuen, herkommt. Nichts also soll hindern, nichts trennen, nichts fälschen. Überall, an jedem Orte, zu jeder Stunde und zu jeder Zeit, täglich und unablässig wollen wir alle wahrhaft und demütig an ihn glauben und an ihm im Herzen festhalten und ihn lieben, ehren, anbeten, ihm dienen, ihn loben und benedeien, verherrlichen und hoch erheben, ihn preisen und ihm Dank erweisen, dem erhabensten und höchsten ewigen Gott, der Dreifaltigkeit und Einheit, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, dem Schöpfer von allem und dem Retter aller, die an ihn glauben und auf ihn hoffen und ihn lieben, der ohne Anfang und ohne Ende ist, unveränderlich, unsichtbar, unbeschreiblich, unaussprechlich, unbegreiflich, unerforschlich (vgl. Röm 11,33), gepriesen, lobwürdig, ruhmreich, hocherhoben (vgl. Dan 3,52), erhaben, groß, milde, liebenswert, Freude bereitend und ganz über alles zu ersehnen in Ewigkeit. Amen.


24. Kapitel 
Schluß

Im Namen des Herrn! Ich bitte alle Brüder, den Wortlaut und Sinn dessen, was in dieser Lebensordnung zum Heile unserer Seele geschrieben ist, zu erlernen und sich dieses häufig ins Gedächtnis zurückzurufen. 
Und ich flehe zu Gott, er, der allmächtig, dreifaltig und einer ist, möge alle segnen, die dieses lehren, lernen, bei sich haben, sich zu Herzen nehmen und vollbringen, sooft sie wiederholen und tun, was daselbst zum Heil unserer Seele geschrieben ist. Und ich beschwöre alle mit dem Kuß der Füße, dieses von Herzen zu lieben, zu befolgen und aufzubewahren. Und von seiten Gottes, des Allmächtigen, und des Herrn Papstes und im Gehorsam gebiete ich, Bruder Franziskus, streng, und befehle, daß niemand von dem, was in dieser Lebensordnung geschrieben ist, etwas streiche oder ihr etwas weiteres schriftlich hinzufüge (vgl. Dt 4,2; 12,32), sowie auch, daß die Brüder keine andere Regel haben sollen. Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, so auch jetzt und immer und von Ewigkeit zu Ewigkeit. 

Amen.

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